Alles über die Geschichte des Matelassé und für welche Stoffe die Bezeichnung heute verwendet wird. Außerdem: die schönsten Beispiele aus den aktuellen Kollektionen.

Matelassé Cape Town eignet sich als Bezugsstoff (Chivasso)

Wattiert wie eine Matratze

Matelassé oder auch Piqué bedeutet soviel wie gepolstert oder gesteppt. Ursprünglich bezeichnet der aus dem Französischen stammende Begriff  (französisch matelas = Matratze) einen aufgepolsterten Stoff.
Während er in den Anfängen wohl nur zwei miteinander durch Weben oder Sticken verbundene Stoffe bezeichnete, wird er inzwischen auch für wattierte Varianten verwendet. Daher handelt es sich bei Matelassé heute zum Einen um einen Sammelbegriff für alle – meist jacquardgemusterten – Reliefgewebe, für deren Herstellung kein Krepp- oder Schrumpfgarn verwendet wird. Zum Anderen bezeichnet Matelassé reliefartig gequiltete Stoffe. Der Effekt kann von Hand, am Jacquardwebstuhl oder mittels Quiltingmaschine erzielt werden.

Quilt Sevanti von Designers Guild

Finesse definiert ein unregelmäßiges Chevron-Muster (Fine)

Gewebtes Relief

Entsteht das plastische Gewebe am Jacquardwebstuhl, werden zwei oder auch mehr Schuss-Systeme verwendet und zwischen Ober- und Unterseite dicke Füllschüsse eingelegt, wodurch der Matelassé seine reliefartige Musterung erhält. Während das Obergewebe meist aus Seide, Wollkammgarn oder Viskosefilament besteht, wird für die Unterseite vor allem Baumwolle verwendet. Das wie wattiert wirkende, manchmal auch noch bedruckte Doppelgewebe wird meist sowohl als Möbelbezugsstoff wie auch als Dekostoff verwendet.

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Matelassé „Lisette“ (Ralph Lauren)

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Sherborne Piqué von Osborne & Little

Boutis – eine alte provenzalische Nadelkunst

Eine Sonderform stellen die provenzalischen Boutis dar: Unifarbene, aber auch oft bunte gequiltete Stoffe, aus denen heute vor allem Kissen, Bettüberwürfe oder Tischsets gefertigt werden. Dabei stand wohl der französische Begriff „bouter“ Pate, der ähnlich wie „pousser“ das Durchdrücken der Nadel durch die Stoffschichten bezeichnet.
Für Boutis wird ein doppellagiger Stoff so bestickt, dass sich ein Relief abhebt. Um ein bleibendes Relief zu erzielen, werden kleine Polster beim Sticken zwischen die Stofflagen eingefügt und mit kleinen Stichen umrandet. Im Gegensatz zum klassischen Matelassé kann man einen echten Boutis daran erkennen, dass wenn man ihn gegen Licht hält, die Einstiche der Nadeln zu sehen sind.

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Französischer Vintage Boutis aus dem 19. Jahrhundert (über Etsy)

Erfunden haben die Franzosen diese Technik nicht. Vielmehr kamen Baumwollstoffe aus Ägypten und sogenannte Indiennes – mit bunten Mustern und Ornamenten bemalte indische Baumwollgewebe – über Marseille nach Südfrankreich. Nähateliers der Region fertigten diese Stoffe meist im Tausch gegen Musselin oder andere feine Gewebe.
Im 14. Jahrhundert übernahmen Näherinnen in Sizilien die Technik und nannten sie „Trapunto“. Ältestes textiles Zeugnis dieser Technik ist der sogenannte Tristan Quilt, der um 1395 entstand. Nadelfertigen Sizilianerinnen wiederum brachten ihre Handwerkskunst nach Marseille, wo sich im 18. Jahrhundert daraus die südfranzösischen auch „Broderie de Marseille“ genannten Boutis entwickelten, denen in der Nähe von Nimes sogar ein eigenes Museum gewidmet ist.

Noch mehr Spannendes und Wissenswertes über Stoffe erfahren Sie im neu aufgelegten Textillexikon ABC der Stoffe und in allen anderen Artikeln aus unserer Serie Stoffkunde.