Interior- und Möbeldesignerin Pernille Lind nutzte historische Fotografien, um zahlreiche alte Elemente des Künstlerhauses im dänischen Hellerup zu bewahren. Rund zwei Jahre dauerte die Restaurierung. Das Ergebnis ist eine so interessante wie ungewöhnliche Mischung von englischem Country-Charme, Kolonialstildetails und einer gehörigen Prise Boho Flair.
Bevor Pernille Lind mit der Neugestaltung des Interiors beauftragt wurde, trug das Haus die Handschrift dreier Herren: die der Architekten Henrik Hagemann & Møller, welche die Residenz 1895 erbauten, und die von Hans Voigt Steffensen, der früher hier lebte. Der Künstler, bekannt für seinen expressionistischen und fauvistischen Stil, versah Außenwände, Gullis und Glastüren mit Gemälden. Diese, genau wie die Dachornamente, Balustraden und der Balkon, wurden erhalten. Für das Interior wählte Pernille Lind einen modernen, luxuriösen Boho Style, der mit Kontrasten spielt. Zudem brechen kosmopolitische Referenzen mit typisch skandinavischer Ästhetik.
So gelingt der modern-luxuriöse Boho Style
Jede Menge Naturmaterialien wie Jute, Leinen, Holz, Stein und Metalle sorgen hier für das Boho Feeling. Verstärkt wird der Stil durch ein natürliches und warmes Farbschema. In diesem Fall eine Palette aus dunklem Grün, gesättigtem Gelb, Blau- und Cremetönen, die alle Bereiche des Hauses, inklusive Spa und Weinraum, verbindet. Zum Einsatz kamen zudem gut ausbalancierte Muster und Strukturen.
„Ein gewisses Maß an Texturen und Asymmetrie ist notwendig, damit das Design nicht zu gewollt aussieht. Kombiniert mit ausgewählten Möbeln und antiken Stücken, wird’s eine runde Sache.“
Orientierungshilfen: Fotos und ein geschärfter Blick
Um mehr über die Historie des Hauses zu erfahren, wurde der Versuch unternommen, die Tochter des vorherigen Eigentümers ausfindig zu machen. Mit Erfolg! Alte Fotos lieferten eine ziemlich genaue Vorstellung vom Äußeren. Da es zum Interior leider kein Material gab, wurden die vielen erhaltenen Originalelemente genau inspiziert und daraus ein authentisches Bild des Innenlebens konstruiert.
Viele gute Gründe für einen neuen Grundriss
Das Layout wurde auf allen Etagen geändert, um dem modernen Lebensstil einer jungen Familie gerecht zu werden. Durch den Abriss einer Trennwand können nun im Erdgeschoss der Essbereich und die Küche eine Einheit bilden. Das große Esszimmer befindet sich jetzt im Wintergarten. Um das Gästebadezimmer, das ebenfalls im Erdgeschoss liegt, zu erweitern, löste das Designteam die ungenutzte Speisekammer auf und schuf so Platz für eine Dusche.
Im ersten Stock waren die Veränderungen größer: Ursprünglich gab es drei Schlafzimmer, für die ein kleines Bad mit Dusche vorgesehen war. Hier wurden die Zimmer getauscht und aufgeteilt. Das halbierte Hauptschlafzimmer dient nun zum einen als Bad en suite und zum anderen als Kleiderzimmer. Das zweite Bad, das an das Kinderschlafzimmer angrenzt, verfügt ebenfalls über eine Dusche.
Den Keller, der früher ausschließlich Lagerraum war, funktionierte die in London lebende Designerin zu vier separaten Bereichen um. Entstanden sind ein Gym, ein Weinraum, ein Spielzimmer und ein Spa mit Sauna plus Dampfbad.
Untypisch skandinavisch
Der kosmopolitische Lifestyle des Kunden war Inspiration für das Spa, dass etwas ganz Besonderes sein sollte: untypisch skandinavisch. Der Wellnessbereich inklusive Dampfbad ist folglich im marokkanisch-türkischen Stil mit maßgefertigten Zellige gestaltet.
Küche mit Durchblick
Nachdem die Küchenwand zum Essbereich geöffnet wurde, musste als nächstes die Tür vom Treppenhaus in die Küche weichen. Dadurch verlor der Raum etwas an Tageslicht, das durch den ovalen Vintage-Fensterfund wieder zurückgewonnen werden sollte. „Doch bis alle Details zur Stärke der Wand und der optimalen Positionierung feststanden, war das Fenster bereits verkauft. Wir konnten es aber nachzeichnen und dann selbst anfertigen. Es ist so ein hübsches Detail – der Blick auf das schöne Treppenhaus ist einfach toll!“, schwärmt Pernille Lind.
Kupfer, Karo und Kreativität: viel Liebe zum Detail
Auf die Frage hin, ob die Interiordesignerin Favoriten im Haus hat, zählt sie die Kupferschränke im Weinzimmer, das auffällige, karierte Muster des Bodens im Hauptbadezimmers und die gewebte, mit Roseneiche kombinierte Eichenschrankfassade im Ankleidezimmer auf. Bei vielen ihrer Projekte verwendet sie Rattan und gewebtes Material. Außerdem ist Eichenholz ein wichtiges Element im dänischen Design – und bei der Umsetzung des Boho Stils. Pernille Lind hat eine Technik entwickelt, mit der sie Eiche zu einem geometrischen, ungewöhnlichen Muster verweben kann. Ein eher ungewöhnlicher Anblick, der speziell diese Schränke zu etwas ziemlich Einzigartigem macht.