Wie schon vor Jahrhunderten entstehen auch Jan Kaths Teppiche Knoten für Knoten. Doch das Design, das dahinter steht, könnte moderner nicht sein. Über einen Teppich-Süchtigen, sein Handwerk und eine bemerkenswerte Kunstausstellung.

Schon sein Vater besaß ein Orienttepichhaus. Doch so richtig interessiert hat ihn das als Jugendlicher nicht. Nur das Reisen, das fand er spannend. Afghanistan, Iran, Indien, atemberaubende Ziele für einen Jungen aus Bochum. Auf einer Reise geschah auch der große Zufall, der ihn zum Teppichdesigner werden und das Handwerk lieben ließ. Mit 20 Jahren erkundete Jan Kath Asien und traf in Nepal Bekannte seines Vaters – einfach so, auf der Straße. Da er noch nicht nach Hause zurückkehren wollte, nahm er in deren Manufaktur einen Job in der Qualitätskontrolle an. Später übernahm er den Betrieb. Seine Teppiche werden nach den Regeln des alten Handwerks gefertigt, doch seine Designs brechen die Sehgewohnheiten mit modernen Elementen. „Ich weiß, man sollte mit dem Begriff vorsichtig umgehen, aber für mich ist mein Beruf eine Sucht.“

design teppich jan kath salone del mobile decohome.de
 
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Moderne Designs für ein altes Handwerk

Jan Kaths Designs können Interessierte auf Maß bestellen und auch die Farbgebung selbst wählen. „Ich entwerfe immer erst eine Art Masterpiece, die Mutter der Kollektion. Dann denke ich mir verschiedene Variationen des Designs aus, die Kunden wiederum auf ihre Bedürfnisse anpassen können.“ Dabei hilft ihm sein nach eigenen Aussagen fast fotografisches Gedächtnis. Sieht er ein altes Ornament oder eine moderne Tischdecke, das Blätterdach des Urwaldes oder den Sternenhimmel, setzt er diese Inspiration am Computer in Pixel um. „Jedes Pixel entspricht einem Knoten.“ Diese erhalten die Knüpfenden dann auf Karten, von denen sie das Design ablesen: fünf Knoten grün, drei rot, acht blau. „Von der Idee bis zum Teppich können zwei Jahre vergehen. Doch auch danach passe ich die Kollektionen immer wieder an.“ Hat er selbst eine Lieblingskollektion? „Ich bin immer verliebt in die Braut von morgen“, sagt Kath amüsiert.

Das Geheimnis der Teppich-Knoten

100 bis 400 Knoten versammeln sich auf 6,45 Quadratzentimeter. Die ungewöhnliche Fläche stammt daher, dass in Inch gerechnet wird. Ein Inch entspricht 6,45 Zentimeter. „Wenn ich eine Idee entwickele, weiß ich genau, für welche Region und welche Knüpfmethode sich das Design eignet.“ Es gibt den tibetischen Knoten, der eine dichtere Fläche bildet, oder den Berber-Knoten aus Marokko, der das Objekt rustikaler und archaischer wirken lässt. Der alte persische Knoten sorgt für Ruhe und Gleichmäßigkeit.

Jan Kath Teppich-Handwerk
 
Jan Kath Teppich-Handwerk
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Jan Kath Teppich-Handwerk Faerben
 
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Jan Kath Teppich Handwerk Knuepfen decohome.de
 
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Jan Kath Teppich-Handwerk
 
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So entsteht ein Teppich

Am Anfang steht die Auswahl der Rohmaterialien. Die Teppiche bestehen hautpsächlich aus Schafwolle aus dem tibetischen Hochland, auf Wunsch kann auch Kaschmir verarbeitet werden. Feine chinesische Seide oder Garn aus Brennnesseln verleihen den Stücken optische Überraschungseffekte. Die Wolle wird im Fluss gewaschen, dann getrocknet, gekämmt, in der Fachsprache heißt das „kardiert“, und schließlich zu Garn gesponnen. Natur- oder Spezialfarben, alle ökologisch getestet, lassen sie in den 1200 Farbtönen erstrahlen, die Jan Kath in seinen Kollektionen nutzt.

Gut drei bis vier Knüpferinnen und Knüpfer sitzen für einen 2,5 Meter breiten Teppich an einem Knüpfstuhl in der Reihe. Sie arbeiten synchron und harmonisch. Erst, wenn eine Reihe fertig ist, kann mit der nächsten begonnen werden. Nachdem der Teppich vom Knüpfstuhl genommen wird, steht das Waschen an. Technik und Dauer beeinflussen, ob die Farben erstrahlen oder eher gedimmt wirken. Aufgespannt trocknen die Werke dann meist auf den Dächern oder in Innenhöfen in der Sonne. Beim Finishing flämmen die Arbeiter die Rückseite ab und entfernen so Unreinheiten. Je nach Intensität entstehen so ein Look und eine Haptik, die an antike Stücke erinnern.

Jan Kath Teppich-Handwerk Kollektion Spectrum
 
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Jan Kath Teppich-Handwerk
 
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Exkurs: Ausstellungstipp „Rug Bombs“

Tapisserien, antike Wandteppiche, haben schon immer ganze Geschichten erzählt. Kaths jüngste Teppichkunstwerke, die er in Ahnlehnung an die afghanische Tradition der War Rugs „Rug Bombs“ nennt, zeichnen das Grauen nach, das ein Krieg in die Welt bringt. „Ich unterscheide hier ausdrücklich zwischen der Kunst und meinem üblichen Handwerk“, erklärt der Designer. Die Ausstellung „Rug Bombs“ kann parallel zur Documenta Fifteen noch bis zum 25. September in der Alten Brüderkirche in Kassel besucht werden.

design teppich jan kath rug bombs decohome.de

On High Seas, 2022, Wolle & Seide auf Baumwolle (handgeknüpft), 394 x 307 cm, Unikat

www.jan-kath.com

Text: Sven Hasselberg / Fotos: Lars Langemeier und Dimo Feldmann