„Dunkle Farben erzeugen Ruhe und eine meditative Ebene“, sagt Sascha Arnold. In einer ganz und gar nicht düster wirkenden Atelierwohnung in München zeigt der Co-Gründer des Architekturbüros Arnold/Werner, welche geniale Wirkung und „räumliche Dramatik” sie entfalten können, wenn man sie richtig einsetzt.
Die Ausgangslage in einem Münchner Mehrfamilienhaus aus den 1980er-Jahren: ein verschachtelter Grundriss, bedrückend wirkende Räume, wenig Licht. Um daraus großzügige und klar strukturierte Wohnräume entstehen zu lassen, entfernten die Architekten von Arnold/Werner zunächst einige Trennwände und erneuerten für mehr Tageslicht sämtliche Fensterflächen. Im Anschluss erhielt die 180 Quadratmeter große Wohnung eine komplett neue Raumaufteilung, die sie heute klar strukturiert und großzügig erscheinen lässt.
Dunkle Möbel, dunkle Böden
Am deutlichsten spürbar ist die neue Raumstruktur im Eingangsgeschoss. Nach Passieren des Entrees mit Gästetoilette gelangen die Familienmitglieder in einen großen Wohnraum mit fließenden Übergängen zwischen offener Küche, Wohn- und Essbereich. Der annähernd quadratische Raum orientiert sich in Richtung einer bodentief verglasten Fensterfront und eines Südbalkons, der sich über die gesamte Raumbreite erstreckt und Blickbezüge zum alten Baumbestand im Innenhof eröffnet. Verspiegelte Säulen erweitern den Raum optisch und sorgen so für ein Gefühl von noch mehr Weite.
Prägend für den Wohnraum sind die dunkel gebeizten Eichenfronten der maßgefertigten Einbau- und Küchenmöbel samt frei stehendem Kochblock. Hinzu kommen die anthrazitfarbenen Wand- und Bodenfliesen in der Küche sowie der Räuchereiche-Parkettboden im Wohnbereich. „Für den Bauherren und mich bedeuten dunkle Töne eine gewisse Beruhigung, sie erzeugen vielleicht auch eine meditative Ebene“, erklärt Sascha Arnold. Seine Empfehlung für die Farbgestaltung mit Schwarz, Grau oder Braun: „Dunkle bzw. schwarze Stoffe sind anfällig für Flecken, Schwarz auf Schwarz ist auch schwierig, weil dann alles ‚verschwimmt‘. Deshalb sollte man bei der Verwendung von vielen dunklen Tönen Schwerpunkte oder farbige Highlights setzen.”
Sascha Arnold
Das Muster durchbrechen
In der Münchner Atelierwohnung haben die Architekten von Arnold/Werner die farbigen Highlights zum Beispiel im schwarzen Fliesenspiegel, bei den Stoffen und den Möbeln gesetzt. „Das sorgt dafür, dass das Ganze nicht zu einheitlich und ‚suppig‘ wird, es lockert alles auf und macht es nicht zu dunkel”, erklärt Sascha Arnold und hat gleich noch einen Expertentipp: „Farbakzente kommen vor einer dunklen Fläche übrigens noch besser zur Geltung, insbesondere wenn sie mit Licht inszeniert werden.”
Im Zusammenspiel mit gezielten Farbakzenten erzeugen die dunklen Oberflächen eine geheimnisvolle Raumatmosphäre. Diesen Eindruck vermitteln auch die jeweils direkt den Schlafräumen zugeordneten Badezimmer. Hier bestimmen heller Naturstein, dunkle Badmöbelfronten, anthrazitfarbene Wandfliesen und die durch einen terrakottafarbenen Anstrich betonten Dachschrägen das Bild.
Hommage an die Memphis-Ära
Die von Arnold/Werner geschaffene räumliche Dramatik spiegelt die Kunstsinnigkeit der Eigentümer-Familie, aber auch deren Liebe zum postmodernen Design der Memphis-Ära – jener Zeit, in der auch dieses Mehrfamilienhaus errichtet wurde. Ziel der Mailänder Architekten- und Designergruppe Memphis war es, das Diktat des Funktionalismus unter anderem durch den mutigen Einsatz von Farbe zu überwinden. Im Münchner Apartment ist insbesondere die neue Stahltreppe ins Obergeschoss eine Referenz an ihre Werke. Was vorher verwinkelt und gedrungen war, ersetzt sie mit skulpturaler Leichtigkeit. Ihr geschwungener Handlauf ist ebenso kräftig rot gestaltet wie die aus offenen und geschlossenen Viertelkreisen und rechtwinkligen Lochblechen komponierte Brüstung der Galerieebene.
Im oberen Geschoss der Atelierwohnung befinden sich ein weiteres Badezimmer und ein zusätzlicher Schlafraum sowie eine begrünte, nicht einsehbare Dachterrasse. Auf rund 80 Quadratmetern stehen der Familie hier eine Sauna mit Außendusche und ein Bereich für sportliche Aktivitäten zur Verfügung. Über den Dächern der Stadt bietet die Dachterrasse darüber hinaus viel Ruhe und einen herrlichen Panoramablick zum Englischen Garten.
Fotos: Konstantin Volkmar und Anne-Catherine Scoffoni
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