Im Spannungsbogen des scheinbar Gegensätzlichen gelingen dem belgischen Einrichter Jean-Philippe Demeyer kunstvoll-exzentrische Interieurs. Das beweist auch dieses extravagante Chalet im französischen Nobelskiort Méribel.
Alles findet seinen Platz
Steht ein neues Projekt an, schlendert Jean-Philippe Demeyer durch seinen Antiquitätenfundus. Zugegebenermaßen tut er das fast jeden Tag. Doch anstatt wie sonst hier über ein Tischchen zu streichen oder dort eine alte Stehleuchte nach vorn zu rücken, steuert er zielstrebig ein bestimmtes Stück an. So geschehen auch bei dem konvex geformten achteckigen Verkaufstresen im Kolonialstil. Das hochrote Möbel, über dessen hölzerne Fläche früher Kaffee und Kakao wanderten, stammt aus dem Kongo, einst belgische Kolonie. Jean-Philippe entdeckte es bei einem Händler in Brüssel.
Heute dient das imposante Stück als Kücheninsel eines Ferienhauses im französischen Méribel. „Wir kaufen, was wir lieben, und nicht im Hinblick auf ein bestimmtes Projekt“, erklärt der gefragte belgische Einrichter, der mit seinen Partnern Franck Ver Elst und Jean-Paul Dewever ein Schloss zwischen Brügge und Brüssel renovierte und zum Showroom für ihre antiken Trouvaillen ummodelte.
Vom Antiquitätenhändler zum Interiordesigner
Längst schon ist Jean-Philippe, der sich als eine Art moderner „uomo universale“ bezeichnet, dem Berufsbild des klassischen Antiquitätenhändlers von einst entwachsen und macht jede ihm gebotene Fläche zur Spielwiese seiner kreativen Ideen. Dabei reicht das Spektrum von Häusern und Wohnungen über Jachten bis hin zum Rumpf eines Flugzeugs. Eigentlich habe ich keinen besonderen Einrichtungsstil, sondern vielmehr eine Methode“, stellt Jean-Philippe, auf seinen farbintensiven eklektischen Mix angesprochen, klar. „Ich bin da sehr offen und lasse sowohl Objekte als auch Orte auf mich wirken. Dann weiß ich schnell, was zusammenpasst.“
Welch wundersame Wege seine Inspiration dabei geht, beweist der zu Vorhängen und Wandbespannungen verarbeitete rot-weiß-grüne Streifenstoff in Méribel. Das Dessin hatte Jean-Philippe in einem Schrank seiner Großmutter entdeckt. Als sich zu Beginn des Projekts die Eigentümerin des Hauses einen sportlichen, von den 1970er- Jahren inspirierten Look wünschte, fügte sich vor seinem inneren Auge eins zum anderen. Eigens für sie entwickelte er Streifendessin „Méribel Stripe“, das er im Anschluss sogar in die langsam, aber stetig wachsende Textilkollektion seines Unternehmens aufnahm. Als er zum Verkaufstresen aus dem Kongo knallgrüne Küchenfronten im Louis-treize-Stil kombinierte, war das Farbkonzept geboren.
Die Mischung macht’s
Zumindest für den vom Hang her zugänglichen ersten Stock mit Küche, Essbereich und Salon sowie einem Gästezimmer. „Ich mag keine durchgängigen Farbkonzepte“, gesteht er. Daher überrascht es kaum, dass er im Masterbedroom unter dem Dach mit einem völlig andersartigen aufwartet, das wie ein begehbares Piet-Mondrian-Gemälde anmutet.
Ausgehend vom Webmuster des Stoffs, der das Betthaupt ziert, ließ Jean-Philippe von seinem Maler ein Konzept für den ganzen Raum entwickeln. Dicke Polstersessel am offenen Kamin machen das Gesamtkunstwerk wohnlich. Auf nur zwei Farben beschränkte sich der Einrichter bei den Badezimmern der drei in Weiß gehaltenen Schlafräume. Jean Philippe versteht es, wie ein Künstler inmitten der Fülle Freiräume zu schaffen. So wirken seine Interieurs nie überladen, sondern perfekt komponiert.