Was als Dandy-Wohngemeinschaft begann, entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten belgischen Interiordesign-Studios. Einrichter Jean-Philippe Demeyer erinnert sich an den ungewöhnlichen Start.
Drei junge Antiquitätenhändler kaufen sich ein altes Schloss in Belgien – auf dem Land, irgendwo zwischen Brügge und Brüssel. Sie bauen es um, richten es ein, leben darin. Als Männer-WG. Wie anachronistisch! Und romantisch! Fast „byronesk“! Franck Ver Elst, Jean-Paul Dewever und Jean-Philippe Demeyer – alle drei Antiquitätenhändler von Beruf – tun wenig, um dem nostalgischen Bild entgegenzuwirken.
Im Gegenteil. Sie kleiden sich wie Dandys und leben inmitten chinesischer Vasen, orientalischer Lampions, Lacktischchen und Kronleuchtern. „Während der Umbauarbeiten haben wir uns vorgestellt, wir seien verarmte Landadlige“, erinnert sich Jean-Philippe Demeyer. Dieses Gedankenspiel kam ihrem beschränkten Budget zugute und ließ sie hinsichtlich der alten Bausubstanz aufmerksam bleiben. „Wir haben alles wiederverwendet, was noch zu gebrauchen war: Ziegel, die Steinplatten der Böden und sogar ein uraltes Spülbecken, das aus unerfindlichen Gründen im Hof vergraben war“, lacht Demeyer.
Hier zählen die inneren Werte
Eine architektonische Perle sei Rooigem nie gewesen. Im 14. Jahrhundert stand an der Stelle des heutigen Schlosses ein kleiner Jagdpavillon. Mit jedem neuen Besitzer, jeder neuen Epoche, jedem neuen Baustil wurde dem kleinen Gebäude etwas hinzugefügt. Entdeckt hatten sie das Schloss, als sie nach einem neuen Showroom suchten, weil der alte in Knokke-Zoute mit 50 Quadratmetern zu klein wurde.
Drei Jahre lang haben Franck Ver Elst, Jean-Paul Dewever und Jean-Philippe Demeyer an ihrer Showroom-Wohnung gearbeitet. Heute hat das von einem Wassergraben umgebene Schloss alles Düstere, Abweisende verloren, wirkt vielmehr einladend, warm, bewohnt.
Wärme und Farbe vertreiben Feuchtigkeit und alten Mief
In seinem Inneren ist es durchaus zeitgemäß. Dass auf einem Herd gekocht wird, der vor hundert Jahren vielleicht einmal modern war, hat praktische Gründe. „Die Küche stammt aus dem Spätmittelalter und ist feucht und kalt. Deshalb erschien es uns sinnvoll, einen Ofen einzubauen, der den ganzen Tag Wärme abstrahlt“, erklärt Demeyer. „Doch wir haben sehr bewusst darauf geachtet, dass das Ganze nicht zu verstaubt und antiquiert wirkt. So ist die Bibliothek aus dem 16. Jahrhundert in der ersten Etage in frischen Tönen gestrichen und fast nur mit zeitgenössischer Literatur bestückt.“
Das eklektische Farbenspiel zieht sich durch alle Räume des Schlosses: Schlafzimmer und Bäder leuchten in Rot und Blau, Büros und Showroom auf der oberen Etage sind bunt gemustert, die Wände des Esszimmers ziert eine geometrische Trompe-l’œil-Malerei und die Orangerie erstrahlt in einer warmen Gelbnuance.
Designermöbel in der Orangerie statt exotischer Pflanzen
„Der Gartensaal stammt aus der Zeit zwischen 1860 und 1880“, weiß Jean-Philippe Demeyer. „Damals sammelte man exotische Pflanzen und stellte sie aus.“ Tropische Gewächse findet man hier heute keine mehr, aber großartig ist der helle Raum nach wie vor.
Die Orangerie ist das Herz des Hauses, ihr Glanz wird von den Bewohnern gepflegt und zelebriert: „Im Sommer feiern wir hier rauschende Feste und veranstalten fulminante Diners, zu denen wir auch unsere Kunden einladen“, erzählen die drei. Ganz so, wie es sich für Mitglieder einer Wohngemeinschaft und auch für Schossbesitzer gehört.
Text: Rebekka Kiesewetter. Fotos: Frédéric Raevens/Basset Images