Weniger Stress, dafür mehr Entspannung, Ruhe und Kreativität – klingt gut! Wie man das erreicht? Indem man seine Wohnung neu gestaltet. Das ist zugegeben etwas sehr vereinfacht ausgedrückt, aber Wissenschaftler, Designer und Architekten sind sich einig: Gesunde Lebensräume, die im Einklang mit der Natur stehen, tragen messbar zu unserem Wohlbefinden bei. Wir zeigen wie’s geht und erklären, was „biophiles Design“ genau bedeutet.
Der Begriff „Biophilie“ leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Liebe zum Leben“. Übersetzt auf den Architektur- und Designbereich heißt das, dass möglichst viele Komponenten aus der Natur in das Wohnumfeld integriert werden. Zahlreiche Studien in den letzten Jahrzehnten haben gezeigt, dass dieser Ansatz positive Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit hat: die Produktivität wird gesteigert, der Stresspegel gesenkt und die Konzentration erhöht.
Gesundes Wohnen: Gut für Psyche und Umwelt
Populär wurde das Konzept der Biophilie vor allem durch den amerikanischen Biologen Edward O. Wilson in den 1980er-Jahren. Dessen Studien hatten im Laufe der Zeit enormen Einfluss auf das Design. Gerade heute, wo die Grenzen zwischen Wohnen und Arbeiten oft verschwimmen und psychische Belastungen und Krankheiten immer mehr zunehmen, ist die Gestaltung eines gesunden, anregenden Wohnumfeldes wichtiger denn je. On top kommt das Thema Nachhaltigkeit. Durch den Fokus auf natürliche Materialien wird die Entwicklung innovativer und zirkulärer Biowerkstoffe vorangetrieben.
Die interdisziplinäre US-Designerin Laurence Carr erklärt den Zusammenhang folgendermaßen: „Nachhaltiges Design konzentriert sich darauf, Räume zu schaffen, die nicht nur umweltverträglich sind, sondern auch die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen fördern. Sowohl das Wohlbefinden der Erde als auch das der Menschen muss erhalten bleiben. Durch die Einbeziehung nachhaltiger Designprinzipien, wie ungiftige und gesunde Materialien, ausreichendes natürliches Licht und angemessene Belüftung, können Innenräume für die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden optimiert werden“, sagt Carr.
„Darüber hinaus kann nachhaltiges Design dazu beitragen, die Belastung durch schädliche Chemikalien und Schadstoffe zu verringern, die üblicherweise in Baumaterialien und Einrichtungsgegenständen enthalten sind, was zu einer besseren Luftqualität in Innenräumen und weniger Gesundheitsproblemen führen kann. Die Verbindung zur Natur wirkt sich nachweislich positiv auf das geistige und emotionale Wohlbefinden aus.“
Elemente des biophilen Designs
Genug der Theorie. Wie schafft man es nun konkret, natürliche Elemente in den Wohnraum zu integrieren? Logischerweise, indem man sich in einem ersten Schritt möglichst viel reale Natur hineinholt. Also lebendiges Grün in Form von Pflanzen, Wasserspielen und – ganz wichtig – frische Luft. Die am besten, ebenso wie das natürliche Tageslicht, durch große Fensterfronten ins Haus dringt. Schließlich sind Fenster die Schnittstelle zwischen Wohnraum und Natur. Wer kann, beherzigt den biophilen Look auch auf Übergangsflächen wie Terrassen oder Balkonen, die drinnen mit draußen verbinden. Eine Farbpalette, die von den Tönen der Natur inspiriert ist, tut ihr Übriges. Neben Grün und Braun in allen Nuancen gehören dazu beispielsweise auch softes Orange und Gelb. Diese Farben erinnern an Sonnenauf- und Sonnenuntergänge und wirken stimmungsaufhellend oder anregend.
Natürliche Unvollkommenheit
Bei den Möbeln und Accessoires stehen Materialien, Muster und Texturen im Fokus, die in der Natur vorkommen. Holz, Stein, Wolle und Fell stellen den Bezug zum Draußen her. Ganz wichtig ist in diesem Kontext auch der handwerkliche Aspekt. Stücke, die von Hand gefertigt werden und denen man das auch ansieht, vertiefen die Verbindung zur Natur. So erzählt beispielsweise die Designerin Elisa Cavani, die für Manoteca die Kollektion „The Imperfect Mirror“ entworfen hat, über den Entstehungsprozess:
„Man sieht Marmor kaum in seinem natürlichen Zustand, so wie er wirklich ist. Wir sind an glatte Oberflächen, perfekte Formen und eine glänzende Wachsschicht gewöhnt. Wie ein Mensch, der gerade aufgewacht ist und sich zerzaust hat, bevor er sich vielleicht mit einer Schicht Make-up ‚präsentabel‘ macht, hat der rohe Marmorsockel einen Wert, der unabhängig von seiner Form und seiner Politur ist. Beim Betrachten der Marmorstücke, die als Abfall galten, dachte ich an die Millionen von Jahren, an die Kontinente, die aufeinanderprallen und die Alpen und all die Berge bilden, aus denen wir Marmor gewinnen. Derselbe Marmor, der im Begriff war, zu Sand zu werden, nur weil er nicht die richtige Form hatte, dieser Marmor, der durch die Bewegungen der Erdkruste geformt wurde, der zuerst ein Korallenriff war, hat Fossilien aufgenommen, hat geologische Epochen durchquert und die Geschichte der Welt in sich selbst eingeschlossen. So sind diese Objekte entstanden, eines anders als das andere, jedes perfekt und voller Wert in seiner scheinbaren Unvollkommenheit.“
Cozy Time mit biophilem Design
Gerade in der Herbstzeit wächst das Bedürfnis nach Gemütlichkeit und das Zuhause wird als Rückzugsort wichtiger. Dabei sorgen Materialien aus der Natur wie Felle, Loden, Wolle oder rustikales Holz schon immer für ein besonders behagliches Gefühl. Hinzu kommt: Gerade wenn man viel drinnen ist, ist ein gesundes Wohnklima natürlich besonders wichtig. Durch den geschickten Einsatz von Möbeln und Accessoires in biophilem Design (wir haben unten nochmals ein paar ganz besonders schöne Teile zusammengestellt), ist die Natur im Haus allgegenwärtig – und zwar das ganze Jahr über.