Die Droulers-Schwestern richteten ein privates Apartment im legendären Kulm Hotel in St. Moritz ein. Ein Musterbeispiel dafür, dass sich Individualität trotz strenger Richtlinien elegant Bahn brechen kann. 

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Für das private Apartment wurden zwei Wohnungen im Kulm Hotel miteinander verbunden

Der Legende nach soll der Besitzer des Kulm Hotels im Jahr 1864 den Wintertourismus erfunden haben, als er englische Stammgäste mit einer Wette im Dezember nach St. Moritz lockte, wo sie begeistert bis Februar blieben. Heute ist der Ferienort sommers wie winters beliebt für seine mondäne Gastfreundschaft im alpinen Stil und das Kulm Hotel nach wie vor eine Top-Adresse am Platz. 2018 prämiert als Hotel des Jahres vom Gault & Millau Schweiz und der Uhrenmanufaktur Carl F. Bucherer sowie das fünfte Jahr in Folge Travellers’ Choice bei TripAdvisor. Wie geht man wohl vor, wenn man in dieser Ikone der internationalen Hotellerie eine Privatwohnung einrichtet?
Das Architekturbüro Droulers der beiden Schwestern Virginie und Nathalie aus Mailand hat sich dieser Aufgabe gestellt. „Am Ende galt es, zwei Kunden glücklich zu machen“, fasst Virginie zusammen und erzählt, dass sie nicht nur die Richtlinien des Hauses einhalten, sondern auch ständig  Umsetzungskonzepte mit dem Kulm Hotel abstimmen mussten. Die große Herausforderung: die Interessen des Hauses mit den Bedürfnissen der Klienten und eigenen Designideen zusammenbringen. „Groß, aber reizvoll“, betont die Expertin.

„Für unseren Designprozess ist die Umgebung ausschlaggebend. Der Anspruch ist, nie zu vergessen, wo wir uns befinden“

erklärt Virginie Droulers. Das zentrale Gestaltungselement des Apartments ist Zirbelkiefernholz, das auch das Interieur des Kulm Hotels bestimmt. Die Droulers haben es als Wandvertäfelung, Kassettendecken, Böden und Türen eingesetzt. Und nicht nur Kulm erhält mit dem Holz Einzug in die Privaträume, sondern auch der traditionelle Stil der Engadiner Berggegend, der sich auf sehr anregende Weise mit dem modernen Look der beiden Einrichterinnen bricht. Die rustikale und freundliche Anmutung des Materials setzt einen neuen Kontext für schwarze Komponenten. Bezüge in warmen Grautönen und Vorhänge in elegantem Cognac entwickeln eine gemütliche, kultivierte Atmosphäre. Und schaffen eine Bühne für Farbe, etwa im Schlafzimmer, das mit einem kraftvoll roten Bett ausbricht.
Eine Konsole in pudrigem Rosa und Teppiche in Korallen-, Agaven- und Senftönen sorgen ebenfalls für lebendige Akzente. Spannend ist, wie selbstverständlich jeder Raum für sich steht und sich dennoch in ein stimmiges Gesamtbild einpasst. Die Möbel wurden zum Teil vom Architekturbüro selbst entwickelt, wie etwa die Schrankwand, die sich über die gesamte Länge des Schlafzimmers erstreckt, ohne ins Auge zu fallen. Andere Stücke wurden von italienischen Manufakturen bezogen oder stammen vom Eigentümer.

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Die Interiordesignerinnen Nathalie und Virginie Droulers

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Mit schwarzen Gestaltungselementen avanciert das für die Gegend typische Holz der Zirbelkiefer zum modernen Kontext

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Das Interieur gewinnt durch einen interessanten Material- und Farbmix an Spannung

 

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Das zurückhaltende Farb-konzept der Raumgestaltung eröffnet eine Bühne für Akzente in der Dekoration

 

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Moderner Alpin-Chic in St.Moritz – ohne knisterndes Kaminfeuer unvorstellbar. Kaminbesteck und Feuerkorb aus der Serie „Emma“ von Eldvarm

 

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Die Möbel sind ein lebhafter Mix aus Anfertigungen, Designklassikern und Objekten der Eigentümer. Stühle „Houdini“ von E15

 

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Im Schlafzimmer wurde mit einer unauffälligen, aber großzügigen Schrankwand Stauraum geschaffen. Der warme Rostton ist perfekt gewählt zu dem hellen Holz

 

Zweifelsohne: Das Apartment, für das zwei Wohnungen zusammengelegt wurden, steht trotz aller Hotelstandards für sich. Mehr noch, das Duo hat sich die Auflagen regelrecht anverwandelt. Vielleicht wird den Geschwistern geholfen haben, dass sie selbst aus einer Hotelier-Familie stammen. Ihr Vater, Jean-Marc Droulers, leitete über 40 Jahre das legendäre Villa d’Este in Como. 1568 erbaut und später als Landsitz der Royal Family genutzt, hat das Luxushotel von Clark Gable bis Alfred Hitchcock viele illustre Gäste beherbergt. Es verwundert also nicht, dass Droulers’ Töchter sehr selbstbewusst mit Luxus und Tradition umgehen, die sie in modernes Design für Wohnungen und Jachten umsetzen.
„Am Anfang mussten wir uns aufeinander einstellen. Heute klappt es super, weil jede die Fähigkeiten und Fachkenntnisse der anderen wertschätzt“, beschreibt Virginie die Zusammenarbeit mit der Schwester. Als Grafikdesignerin hat sie ein Auge für das Dekorative, während Architektin Nathalie für das Planerische und den Raum zuständig ist. „Wir arbeiten gar nicht mehr so häufig gemeinsam an einem Projekt. Dafür liegt zu viel auf unseren Tischen. Aber wir stimmen uns immer ab“, führt die Designerin aus. Elegante Materialvielfalt, das Einbinden von Elementen der Umgebung und die Sicherheit im Umgang mit Luxus und Tradition – das sind die Stärken dieses Duos. Womit auch die Frage, wie man wohl an so einem bedeutungsschwangeren Ort wie dem Kulm Hotel erfolgreich eine Privatwohnung einrichtet, beantwortet ist.

Mehr Infos: www.droulers-architecture.com
Text: Fredericke Winkler | Fotos: Helenio Barbetta
Diese Story erschien erstmals in DECO HOME 1/2019