Henry Holland hat für die britische Textilmanufaktur Harlequin eine reich gemusterte Kollektion entworfen, die von seinen Keramiken inspiriert ist. Hier erzählt der Designer, woher seine Leidenschaft für Getöpfertes herrührt, wie er sie auf Stoffe und Tapeten übertrug und warum die neue Kollektion außerordentlich viel über ihn als Person erzählt.
„Der Moiré war ein Must!“, sagt Henry Holland und erklärt sogleich warum: „Ich habe in Moiré geheiratet! Für die Zeremonie trug ich einen schwarzen Smoking, was sehr traditionell und schick war. Nach dem Abendessen zog ich einen mintgrünen Moiré-Anzug an, den ich mit einem Freund in London angefertigt hatte. Als ich mit der Kollektion für Harlequin begonnen habe, war das einer meiner Ausgangspunkte. Ich liebe Moiré!“
Henry Holland: Vom Fashiondesigner zum Interior-Experten
In 15 verschiedenen Farbschattierungen schimmern die feinen Moiré-Maserungen nun auf Stoffen und Tapeten seiner neuen Kollektion für Harlequin. Genauso schillernd wie Hollands Karriere: Der einstige Modedesigner gründete 2007 das Fashionlabel House of Holland und machte mit lustigen und provokanten T-Shirt-Slogans wie „Cause me pain Hedi Slimane“ oder „Get your freak on Giles Deacon“ auf sich aufmerksam. Während der Corona-Pandemie zog er sich aus dem Mode Business zurück und fand eine neue Leidenschaft: das Töpfern. „Ich habe eine sehr starke kreative Vision und Ästhetik aus meiner früheren Karriere in der Modebranche und ich wollte etwas finden, das mich und meine kreative Arbeit widerspiegelt, sich aber wie ein Fortschritt anfühlt.“
Also begann Holland Töpferkurse zu besuchen und sich in die Welt des Tons einzuarbeiten. Als das aufgrund des Lockdowns nicht mehr möglich war, funktionierte er sein eigenes Zuhause um und fing mithilfe von Youtube-Videos an zu experimentieren. „Es gab ein Weihnachten, da konnten wir aufgrund der Pandemie nicht einmal unsere Familien sehen“, erinnert sich Holland. „Also verbrachte ich die Feiertage in meiner Küche und machte Keramik. Sehr zum Ärgernis meines Mannes, denn es war laut und schmutzig. Aber ich fand Gefallen an dem ganzen Prozess und war süchtig danach, etwas zu schaffen. Da hatte ich auf einmal dieses Bauchgefühl: Das bin ich! Das war mein Aha-Moment.“
Ein Hoch aufs Handwerk
Viele der Marmorierungen, die Holland mit der japanischen Nerikomi-Technik auf Ton umsetzt, finden sich jetzt auf Stoffen und Tapeten wieder. Aber auch Karo-Muster oder florale Prints, die Holland im Archiv der Harlequin-Manufaktur in Loughborough fand. „Es ist ein sehr inspirierender Ort“, sagt Henry Holland. „Die Produkte zu sehen, die dort seit so vielen Jahrzehnten hergestellt werden, ist beeindruckend. Das Archiv ist reich an verschiedenen Techniken, die im Laufe der Jahre angewandt wurden, wie etwa Handblock- oder Rollendruck. Alle handgeschnitzten Holzblöcke aus den Morris-Kollektionen von vor 150 Jahren sind in diesen Regalen archiviert und nummeriert – das ist so faszinierend!“
Stoff für Geschichten
Hollands neue Kollektion für die britische Textilmanufaktur ist nicht nur sein erster Berührungspunkt mit der Welt der Tapeten und Bezugsstoffe, sondern vor allem ein sehr autobiographischer: „In dieser Kollektion steckt so viel aus meinem Leben und meiner Kindheit“, erzählt Holland. „Meine Mutter hat sich ihr ganzes Leben lang für Inneneinrichtungen begeistert und hatte ein kleines Schloss in der Nähe von Vichy in Frankreich. Das war ein ganz besonderer Ort für mich. Im Harlequin-Archiv fand ich einen Druck, der mich sofort an sie erinnerte. Wir adaptierten ihn für die Kollektion und benannten ihn nach dem Schloss: Ludaix.“
Fast alle Namen der Kollektion haben einen Bezug zu Henry Hollands Privatleben: „Der Blumen Print Fellcroft ist nach dem Elternhaus meines Partners benannt“, sagt Holland. Andere Entwürfe tragen Namen von Orten, an denen der Designer und sein Mann gerne einmal leben würden: „den Straßen unserer Träume.“ Holland glaubt an die Macht der Manifestation: „Wenn man Dinge oft genug wiederholt, werden sie Realität.“ So wie sein Wechsel von der Mode zum Interior. Denn zwischen Traum und Wirklichkeit liegt manchmal nur ein Töpferkurs.
harlequin.sandersondesigngroup.com
Text: Lilian Ingenkamp