In Mailand präsentierte der italienische Möbelhersteller Epònimo ein Lehrstück über Farbe und Inszenierung. Designer Federico Carandini verrät, was dahintersteckt …

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Federico Carandini

Versteckt zwischen Efeu und namhaften Designlabels, hätten wir den Eingang zu Epònimo fast übersehen. Die gute alte Neugier führte uns dann aber doch noch in das kleine Apartment in der Via Solferino, das der italienische Hersteller zur Design Week in einen temporären Ausstellungsort verwandelt hatte. Ein Gespräch mit Gründer und Designer Federico Carandini über die Relevanz der eigenen Darstellung, Farbe und Beständigkeit.

Sie entwerfen Möbel, doch auf den ersten Blick präsentierte sich das Apartment wie ein Interiordesign-Studio. Wie wichtig ist die richtige Inszenierung? 

Zum ersten Mal haben mein Partner Alberto Colzani und ich 2013 – noch bevor Epònimo vollständig als Marke gelauncht war – in Brera ausgestellt. Wir hatten kein Interiorkonzept, sondern haben unsere Produkte, wie in der Branche üblich, auf einen Sockel oder vor eine Wand gestellt. Allerdings können sich nur wenige Menschen Wirkung und Wesen von Möbeln ohne das passende Drumherum vorstellen. Also fingen wir an, Szenerien zu schaffen.
Wir sind keine Einrichter, aber wir wollten Ideen für Umgebungen liefern, in denen unsere Stücke stehen könnten. Als wir in diesem Jahr auf der Suche nach einer neuen Location waren, sind wir auf dieses Apartment in der Via Solferino gestoßen. Es wurde kürzlich renoviert und war wie gemacht für unsere Zwecke. Wir haben lediglich ein paar Wandfarben sowie Details verändert – schon war es die perfekte Bühne für unsere Möbel.

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Alle Sitzgelegenheiten und Tische stammen von Epònimo.

Wenige Wohnungen sind so farbenfroh wie diese – wie haben die Leute darauf reagiert?

Eine interessante Frage! Manchmal habe ich das Gefühl, blind zu sein, denn ich habe es gar nicht so wahrgenommen (lacht). Doch, man hat gemerkt, dass viele es so empfunden haben. Besonders diejenigen, die frühere Installationen kannten, waren begeistert. Ich glaube, durch diese neue, sehr harmonische Umgebung wurde die Idee hinter Epònimo für alle greifbarer.

Was ist wichtig, wenn verschiedene Farben in einem Zuhause verwendet werden?

Es sollte nicht zu viele Basisfarben geben. Als Orientierung würde ich sagen: drei pro Raum. Bei den unterschiedlichen Nuancen jedes Tons kann man sich ruhig ausstoben. Wer jeden Raum unterschied-lich streicht, sollte die einzelnen Farbfamilien immer wieder auftauchen lassen. Nicht unbedingt im Zimmer nebenan, aber in dem danach. So wie das Terrakotta aus dem Schlafzimmer in der Via Solferino beispielsweise als rosastichiges Braun im Esszimmer wieder vorkommt.

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Im Esszimmer zitiert der Braunton die Farbfamilie des in Terrakotta gestrichenen Schlafzimmers.

Welche waren hier die Basisfarben? 

Gelb und Grün. Ersteres hat eine kurze Geschichte: Ich wollte unbedingt ein gelbes Sofa. Letzteres eine etwas längere: Im 17. Jahrhundert gab es einen Wollhersteller in Casentino, dem durch einen Färbefehler ein kräftiges Grün glückte. Mich hat nicht nur dieser Ton, sondern auch seine Entstehung fasziniert. Normalerweise wird diese Art von Wolle in der Mode genutzt, wir aber haben sie als Bezugsstoff verwendet. In einer 300 Jahre alten Nuance. Manchmal wählt man eine Farbe eben nicht wegen ihres Tons an sich, sondern aufgrund der Geschichte, die einen zu ihr führt.

„Was kann langweiliger sein als Grau oder Beige?“

Lassen Sie uns über das Schlafzimmer sprechen …

Es ist außergewöhnlich und mutig! Doch ich muss gestehen, dass es schon so war. Persönlich wäre ich niemals auf die Idee gekommen, diesen Ton zu benutzen. Geschweige denn ein komplettes Zimmer damit zu streichen. Aber es ist genial! Wegen des monochromen Looks nimmt man zwar wahr, dass der Raum nicht sonderlich groß ist, er wirkt dadurch aber auch klar und aufgeräumt.
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Haben Sie einen Farbfavoriten?

Das variiert. Lange Zeit war es Wisteria, ein helles Violettblau. Ich frage mich immer wieder, warum. Vielleicht, weil wir einen Blauregen im Garten hatten oder es wissenschaftlich bewiesen ist, dass der Ton beruhigend wirkt. Kombinieren würde ich ihn jedenfalls mit Orange. Ich liebe Kontraste. Seit Epònimo ist es schwieriger geworden, sich festzulegen. Jedes Mal nach der Design Week möchte ich mein Zuhause umgestalten. Natürlich auch was die Farben betrifft. Der Plan in diesem Jahr ist, die Idee des blauen Teppichs bei mir zu integrieren.

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Ursprünglich zum Schutz des Bodens gedacht, wurde der blaue Teppich schnell zum definierenden Designelement des Apartments.

Das können wir gut nachvollziehen. Farbe bewirkt immer eine große Veränderung.

Absolut richtig! Farbe und Licht sind der wohl schnellste und ökonomischste Weg, Räumen einen vollkommen neuen Look zu geben.

Zuletzt noch ein Plädoyer für Farbe, bitte!

Immer wieder sagen mir Menschen, sie hätten Angst, eine Farbe würde sie irgendwann langweilen – aber was kann langweiliger sein als Grau oder Beige? Sie sehnen sich nach Beständigkeit und denken, diese in grauen Sofas zu finden. Doch das Leben ist nicht beständig. Und das ist gut so.

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Der Salbeiton auf Wand und Stuhl bringt Ruhe in die kleine Leseecke gleich neben der Eingangstür.

Mehr Infos: www.eponimo.it
Fotos: Ezio Manciucca