Die Designagentur-Gründerin Mia Martin lebt in einer kreisrunden Wohnung. Dort finden sich von Designklassikern bis Maßanfertigungen alles, was glücklich macht.
Verliebt in einen Kaktus: Zehn Jahre lang suchte Mia Martin nach dem auffälligen Objekt mit exakt 2165 Dornen, der 1972 für Gufram als Kleiderständer entworfen wurde – angesiedelt irgendwo zwischen Pop-Art und Radical Design. Zu haben ist er in mehreren Farben. Doch in dem weichen Weiß, das sich Mia wünschte, gibt es ihn nur 250 Mal, limitierte Edition. Wo also soll man den herbekommen? „Es mag seltsam klingen, aber die Sachen kommen irgendwann zu mir“, sagt die 36-Jährige. Das hat sie mehrfach erlebt: mit Sofa, Lampen, Tischen. Als sie einem Sammler vor einer Weile eine Vintage-Lampe verkaufte, sagte er bei der Abholung: „Ich habe da was, das würde hier super reinpassen.“ Seitdem steht der Kaktus im Wohnzimmer. „Was aber wirklich seltsam ist: Jetzt scheint es, als sei der schon immer da gewesen.“
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Villa Kunterbunt 2.0
Es sind nicht nur die ausgewählten Einzelstücke, die ihre Wohnung zu einem Ort machen, an dem man sich nicht sattsehen kann – ein Wunderland ganz ohne Alice. Pastelltöne, gemischt mit Gelb und Grün, dazu grafische Elemente in Schwarz-Weiß. Entstanden ist eine stimmige Mischung aus Bauhaus, Postmoderne und Barbie mit Augenzwinkern. „Eine Zeit lang war das hier viel mehr Villa Kunterbunt“, sagt die Inhaberin einer Designagentur, „heute mag ich es ruhiger“ – auch wenn Besuchern dieser Begriff wohl nicht direkt einfallen würde.
100 Jahre alte neue Architektur
Ungewöhnlich ist schon der Grundriss: Mia Martins Wohnung ist rund wie ein Teller. Der Bau im Münchner Stadtteil Fasanerie wurde nach den „Fünf Punkten zu einer neuen Architektur“ gestaltet. Le Corbusier formulierte sie in den 1920er-Jahren. Darunter: der „Pfosten“ als tragendes Element, der hier mitten im Raum lilafarben leuchtet, der Dachgarten ein Stockwerk höher, ihr Lieblingsort, und die lang gezogenen Fenster, an denen zartrosa und gelbe Vorhänge im Frühlingswind flattern. Gerade mal eine Minute sei die Wohnung im Internet zum Kauf angeboten gewesen, erzählt Mia, gerade mal eine Minute sei vergangen, bevor sie 2018 die Kaufabsichtserklärung unterschrieb: „Ich war schockverliebt.“
Ein Jahr lang ließ sie die 94 Quadratmeter kernsanieren. Wände mussten versetzt werden, das Bad, der Essbereich, die Küche, alles wurde nach ihren Vorstellungen neu gestaltet. Weil sie der Architektur des Gebäudes gerecht werden wollte, recherchierte sie intensiv zu Bauhaus, Brutalismus, Postmoderne und flog extra nach Tel Aviv, um sich dort inspirieren zu lassen.
Der Mia Martin Mix
Der Aufwand hat sich gelohnt. Heute treffen verspielte Elemente wie der Ofen in Weiß-Rosa, den sie selbst gestaltet hat, auf einen kantigen Ettore-Sottsass-Tisch. Immer wieder überraschen auffällige Einzelstücke wie ein Stuhl mit gelbem Gestänge, rosa Sitzfläche und Marmorfuß, der mal für ein Restaurant angefertigt wurde. Während es sich ihre beiden Hunde Leni und Vincent gern auf dem ockergelben „Flap“- Sofa von Edra gemütlich machen, scheint der Raumteiler, der den Eingangsbereich von der Essecke trennt, fast von der Decke zu tropfen – übrigens ein Gemeinschaftswerk mit dem Designer Sascha Grewe.
Über ihren Stil sagt Mia: „nicht gerade minimalistisch, dafür ordentlich ausgemistet“. Nur von Vasen und Lampen könne sie nicht genug bekommen. Trotz aller Design-Pieces sollte aber genug Platz für Persönliches sein, findet sie. Die Bilder in Wohn- und Arbeitszimmer, die Tapete im Flur mit den fröhlichen Gesichtern oder der Tisch aus Carrara-Marmor, eine Einzelanfertigung. Alle Arbeiten stammen vom Künstler Mike Klar, ihrem besten Freund. Ein Glücksfall, im doppelten Sinne.
Info: @mehr.von.mia
Text: Julia Rothhaas // Fotos: Christoph Theurer
Diese Homestory erschien zuerst in der DECO HOME Ausgabe 02/2024.