Die aktuelle Frühjahrskollektion „Rhapsody“ des Textilverlags Zimmer + Rohde ist von George Gershwins gleichnamiger Musikkomposition inspiriert. Creative Director Stefan Gabel spricht im Interview über präsente Farben, persönliche Favoriten und die neue Einrichtergeneration.

Stefan Gabel ist seit 20 Jahren bei Zimmer + Rohde tätig. (Foto: Katrin Binner)
Herr Gabel, was war die übergreifende Idee der neuen „Rhapsody“-Kollektion?
Einen sehr lebendigen Mix herzustellen, der dennoch in sich wieder gut zusammenspielt. Wir haben uns diesmal von der besonderen Musikform Rhapsodie inspirieren lassen. Zwei der berühmtesten sind die „Rhapsody in Blue“ aus den sehr eleganten 1920er-Jahren, aber auch die „Bohemian Rhapsody“ und die damit verbundene Glam-Rock-Zeit. Eine wilde Mischung, die doch ein Stück wird. Das Geheimnis, der rote Faden einer solchen Kollektion sind für uns dann oft die Farbe und die Materialität der Stoffe.
„Bei der Recherche bin ich auf ein Bild von Mick Jagger gestoßen, auf dem er zu seiner rockigen Attitude einen feinen Anzug anhatte. Ein schönes Sinnbild für eine ausdrucksstarke Komposition ohne feste Regeln …“

Woll-Mix „Dave“ gibt es in fünf Farbstellungen.
Apropos Farben – welche sind aktuell für Sie die präsentesten?
Auf jeden Fall alle warmen Töne. Sandige Lehm- und Erdtöne von ganz hell bis zu dunklem Kaffeebraun, schmeichelnde Karamell-Variationen. Alles, was an Naturmaterialien und sinnlichen Genuss erinnert. Was vor einigen Jahren noch Blau- und Silbertöne waren, sind jetzt Creme, Buttergelb und warme Nuancen, bis hin zu gebrannten Orange- und tiefen Rottönen. Es darf auch mal wieder leuchtend und intensiv werden. Die Weißtöne und Neutrals sind natürlich immer stark und bilden oft die Basis für kräftige Farbakzente. In diesem Bereich können wir wunderbar mit unterschiedlichen Texturen, dem Kontrast von matten und glänzenden Oberflächen spielen. Auch spannend!
Haben Sie persönliche Favoriten in der aktuellen Kollektion?
„Courtney“, unser Signature-Design. Es wirkt wie eine abstrakte Pinselstrichzeichnung. Da arbeiten wir mit einem Effekt, bei dem wir Scherli-Fransen quasi nach vorne holen, wodurch eine schöne Unregelmäßigkeit und Dreidimensionalität entsteht. Die Mehrfarbigkeit unterstreicht das noch einmal. Obwohl wir ein industrielles Produkt herstellen, das wir auch immer wieder gleich nachproduzieren müssen, versuche ich, die handwerkliche Komponente im Entwurfsprozess zu betonen. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass der Kunde irgendwann vielleicht noch mehr die Unterschiedlichkeit der einzelnen Materialien akzeptiert. Das würde uns auch für die Nachhaltigkeit ganz andere Möglichkeiten eröffnen.

Die flottierenden Schussfäden auf der Vorderseite von „Courtney“ heben die pinselstrichartige Struktur plastisch hervor.
Wie positionieren Sie sich mit Zimmer + Rohde in dieser sich immer wieder verändernden Einrichtungslandschaft?
Einerseits versuchen wir natürlich immer wieder mit neuen und außergewöhnlichen Kreationen zu überraschen, um eine Begeisterung für unsere Stoffe hervorzurufen. Gleichzeitig besinnen wir uns vielleicht mehr als früher auf unsere eigene Zimmer + Rohde DNA: Die Lust auf Veränderung und der Wille, kundenzentriert zu denken gehört sicherlich dazu. Stilistisch haben wir einen modernen Hintergrund, aber schöpfen auch viel Inspiration aus unserer 125-jährigen textilen Tradition und haben uns Langlebigkeit auf die Fahne geschrieben. Wir suchen stets nach technischen Innovationen, welche die Funktionalität der Stoffe verbessern, ohne, dass die Textilien technisch aussehen. Bei jedem Stoff, den wir in die Kollektion aufnehmen, überlegen wir uns: Wie ist er einsetzbar? Lässt er sich gut reinigen? Wie lichtempfindlich oder scheuerfest ist er? Die richtige Balance von Schönheit und Funktion innerhalb der Kollektion abzudecken, ist für uns ein ganz wichtiger Aspekt.
„Ich denke, es gibt einen allgemeinen Trend zu einer gewissen Natürlichkeit und Lässigkeit, gepaart mit Unkompliziertheit in der Anwendung.“

„Jamie“ besteht zu 100 % aus permanent schwer entflammbarem Polyester und ist deshalb für private wie öffentliche Räume geeignet.

Zukunftsweisend: „Joni RE“ wird unter CO2-neutralen und „Zero-Waste“-Produktionsbedingungen in Belgien hergestellt.
Wie hat sich die Einrichtung mit Stoffen in den letzten 20 Jahren, seit Sie für Zimmer + Rohde arbeiten, verändert? Und wie sehen Sie den Einsatz von Stoffen ganz aktuell?
Als ich meine Karriere als Designer angefangen habe, war die textile Einrichtung noch wesentlich konservativer. Sehr klassisch dekorierte Deko-Schals rechts und links vom Fenster, dahinter noch etwas Transparentes. Mittlerweile ist eine ganz neue Generation von Einrichtern am Start, die einfach Spaß am textilen Einrichten hat. Weil man Räumen mit Stoffen so spielerisch und spontan eine individuelle Atmosphäre verleihen kann. Zudem werden Grundrisse immer offener und flexibler gestaltet. So werden Stoffe nicht nur klassisch am Fenster eingesetzt, sondern auch als Raumteiler oder Wandbespannung. Oder der Vorhang wird direkt vor einer leeren Wand platziert, um ihr Dreidimensionalität zu verleihen. Textilien sind vom notwendigen Gebrauchsgegenstand zum vielseitigen Gestaltungselement geworden.

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