Er wäre die perfekte textile Besetzung für jede Jane Austen-Verfilmung. Wir erklären woher der Begriff Chintz kommt, warum er in Europa einst so beliebt war und was daran noch heute modern ist.

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Den ‚bohemian spirit‘ englischer Landhäuser ruft Baumwolldessin Dorothee von Pierre Frey wach

Was ist eigentlich ein Chintz?

Er passt zum britischen Landhaus-Look wie kaum ein anderer. In der Tat ist der Begriff die englische Bezeichnung für einen Stoff mit vielen Attributen: mehrfarbig, meist mit Blumenmustern bedruckt, strapazierfähig, mit einer wachsartig glänzenden Oberfläche. Er ist der Plural des Hindi-Wortes „chint“. Dieser leitet sich von „chitra“ aus dem Sanskrit ab, das für strahlend, hell beziehungsweise glänzend steht – denn die ersten Stoffe dieser Art kamen im 16. Jahrhundert aus Indien.
Ging der Glanzeffekt früher auf eine Wachsbeschichtung zurück, wurde diese später durch Kunstharze ersetzt. Heute werden auch dichte Stoffe aus Baumwolle oder Chemiefaser-Garnen in Leinwandbindung als Chintz bezeichnet, deren Oberfläche durch Kalandern (das heißt durch Hitze und Druck) eine glatte und glänzende Oberfläche erhalten.

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Leicht gechinzt ist der schwer entflammbare Uni Liverpool (Rubelli)

Als Baumwolle so teuer wie Seide war

Zwischen 1600 und 1800 wurden in Indien im Blockdruckverfahren bedruckte und bemalte Stoffe für Bettüberwürfe, Quilts und Draperien verwendet. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts brachten portugiesische und niederländische Händler der Ostindischen Kompanien diese Stoffe erstmals nach Europa. Da Baumwollgewebe in ihrer Herstellung damals sehr aufwendig waren, galten sie als ebenso wertvoll wie Seide.
Weil er auch in seinem Glanz der Seide ähnelt, war Chintz vor allem in der wohlhabenderen Mittelklasse als Kleidungsstoff beliebt. Bis Ende des 17. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach Chintz in Europa so stark an, dass zum Schutz der heimischen Weber erst Frankreich (1686) dann England (1720) den Import verboten. Natürlich arbeitete man in Europa fieberhaft daran die begehrten Gewebe nachzumachen.

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Nach dem bekannten englischen Landsitz ist Leinen Chatsworth von Sanderson benannt. Dort gab es einen als 'Chintz bedroom' benannten Raum
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Leinen Birds & Iris von GB & J Baker zeigt ein klassisches Chintz-Dessin aus Blüten und Vögeln
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Hydrangea Bird Special ist ein klassisches Chintz-Dessin, hier neu aufgelegt auf Leinen  (GP & J Baker)
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Ein ikonisches Design der Marke Zoffany ist Tapete Chintz, die ursprünglich für das Herrenhaus Temple Newstam bei Leeds entworfen worden war

Heute sind vor allem die Muster en vogue

Die Tendenz zeigt: Glänzende Stoffe im Allgemeinen sind einer neuen Sehnsucht nach Natürlichkeit gewichen, die sich vor allem auf Look und Feeling eines Stoffes beziehen. Gerade die etwas „steiferen“ gechintzten Gewebe findet man aktuell nur noch in wenigen Kollektionen. So modern wie eh und je sind aber die klassischen Blütenmuster, die sowohl abgetönt und pastellig als auch farbenfroh interpretiert werden.

Von Mode bis Interior – auch Jane Austen liebte Chintz

Neben der Schriftstellerei verstand sich die britische Romanautorin Jane Austen auf die Herstellung von Patchwork-Decken, wie ein aufwendiger Bettüberwurf beweist, der sich heute im Jane Austen House Museum befindet. Wie populär Chintz im 18. Jahrhundert in England war, untermalt auch die Tatsache, dass Janes Neffe Edward Austen Knights in seinem Landhaus in Kent gar ein als „Chintz Room“ bezeichnetes Zimmer hatte.

Noch mehr Spannendes über glänzende Gewebe erfahren Sie in unserer Stoffkunde Brokat.