Ein Klassiker wird zum Superstar. Warum der Sofa-Entwurf „Togo“ von Designer Michel Ducaroy gerade Repräsentant unseres Zeitgeistes ist.
Zu den positiven Auswirkungen der Pandemie gehört das gesteigerte Interesse am eigenen Zuhause. Handwerk und Hersteller erleben einen Nachfrageboom, der sich mitunter nur durch längere Warte- und Lieferzeiten bewältigen lässt. So weit nichts Neues. Doch mittendrin im Boom des Unser Haus soll schöner werden gibt es ein Möbelstück, das noch gefragter ist als seine Gefährten. Sofa „Togo“ von Ligne Roset. Kein Neuling im Karussell des Designs. 1973 wird es als erstes Vollschaumpolstermöbel auf dem Pariser Salon des Arts Ménagers, der Haushaltswarenmesse, vorgestellt. Die Reaktionen sind verhalten. Noch kauert man auf bockigen Cocktailsofas oder sitzt aufrecht auf Mid-Century-Holzgestellen mit gepolsterten Auflagen. „Togo“ ist seiner Zeit voraus. Aber nicht lange.
Der Spirit der 68er-Bewegung nimmt Fahrt auf und damit beginnt seine Erfolgsgeschichte. Doch Erfolg setzt Qualität voraus. Also was ist das Geheimnis dieses Sofas, das mit seinem Faltenwurf – Designer Michel Ducaroy möge es verzeihen – an einen chinesischen Shar-Pei-Welpen erinnert? Es sind genau die Absteppungen und die daraus entstehenden Falten, auf denen „Togos“ Knautschzone wichtigste Eigenschaft beruht: „Das Ding ist einfach bequem“, sagt Thomas Wolff von Wolff ’s Antikquarium in München. Denn die Nähte des Bezugs werden so fest mit der Unterpolsterung verbunden, dass es immer in der ursprünglichen Form bleibt. Damit ist auch die erstaunlich große Zahl an gehandelten Vintage-Stücken erklärt. „Ein gut erhaltenes ,Togo‘ ist ein Schatz“, weiß Thomas Wolff. „Und der beste Beweis, wie nachhaltig Qualität ist.“
Obwohl das Design deutlich auf die 70er-Jahre referiert, wurde es in den Jahrzehnten danach bis heute immer wieder als modern empfunden. Den Vintage-Experten überrascht das überbordende Revival des Klassikers nicht. „Der Entwurf ist Legende! Dahinter steht die Strahlkraft einer Epoche, die für all das bürgt, was uns in den letzten zwei Jahren verloren gegangen ist und wonach wir uns sehnen: Freiheit, Ungezwungenheit, ausgelassenes Feiern, Nähe. Auf ,Togo‘ sind doch die Leute automatisch näher zusammengerutscht.“
Trotz der mangelnden Begeisterung des Publikums wurde Michel Ducaroy damals mit dem René-Gabriel-Preis der Pariser Messe für „innovative und demokratische Möbelkonzepte“ ausgezeichnet. Er hätte ihn heute wieder verdient!