Im Sinne der Sache gibt es kaum spannendere Homestorys, als wenn uns die Interiordesigner selbst einen Blick in ihr Zuhause gewähren. Hier lädt Innenarchitekt Fabian Freytag in sein frisch renoviertes Berliner Penthouse. Warum er dafür nur zehn Tage Zeit hatte und wie man dem ganz eigenen Stil auf die Spur kommen kann, erzählt er hier.
Nun wäre es sicher anmaßend davon auszugehen, dass jeder Einrichter auch eine besonders tolle Wohnung haben muss. Es gibt sicher auch Sterneköche, die sich ihr Abendessen am liebsten direkt auf die Couch liefern lassen. Fair enough. Auch Fabian Freytag behandelte seine Wohnung in Berlin Mitte eher stiefmütterlich, bis er im Laufe des vergangenen Jahres einen Grund bekam, das zu ändern. Der Callwey Verlag hatte einen Einrichtungsratgeber bei ihm in Auftrag gegeben, der neben einer reinen Bühne für Freytags Interiorprojekte auch einen Mehrwert für den Leser liefern sollte: Einrichtungs-Tipps sowie eine Vorher-Nachher-Story. Hier erzählt Freytag von seinem persönlichen Weg zu einem neuen Lebensgefühl – faktisch gemeint.
Wie findet man denn heraus, was gefällt?
„Der Verlag sagte, wir brauchen irgendeine Vorher-Nachher-Story. Dadurch, dass meine Wohnung immer liegen geblieben ist, hat sich das also angeboten. Ich habe schon beim Einzug gedacht: Mach deine formale Kiste und dann funktioniert das schon. Stattdessen sollte man an dem Punkt aber lieber in die Anwendung gehen und sich fragen: Was hat mich eigentlich die letzten Jahren berührt oder wo habe ich mich besonders wohlgefühlt? Woran muss ich häufig denken? Und dann steige ich in die Analyse ein: Was sind die Komponenten? Ich finde, mein Lieblingsrestaurant ist so und so – was macht es aus? Wie sehen die Möbel dort aus? Welche Materialität haben sie, wie ist das Holz gestrichen? Oder sind es die Stoffe? Oder alles zusammen?“
Fabian Freytags Make-over: ein Spaziergang
„Für mich war das ein Spaziergang einmal an der ligurischen Küste entlang, über Portofino nach San Fruttuoso. Wo einem Farben auffallen, das Licht, wo man Gerüche einfängt. Also kann man sich gedanklich einmal in diese Welt begeben, zehn Minuten Fokus: Jetzt bin ich in Italien. Ich laufe durch den Wald Richtung Portofino und sehe das. Fühlt sich dieses Möbel danach an? Fühlt sich diese Leuchte danach an, entspricht das dem Gefühl? Dann hast du automatisch diesen Handlungskatalog. Und aus der eigenen Anwendung kann ich sagen: das flutscht“, konstatiert Fabian Freytag ziemlich zufrieden.
Freytags Tipp: Mut ist manchmal nur Durchhaltevermögen
„Meine Welt ist wirklich durch diesen Spaziergang entstanden, die Wandfarbe, Details, alles. Der zweite Tipp: Auch als Profi zweifelt man manchmal. Meine Güte, bei der Wandfarbe, einem Pfirsichton, da war ich mir über die vier Tage, an denen gestrichen wurde, sehr sehr unsicher. Ich dachte: Das rauscht mir jetzt nach hinten ab. Ich hatte Angst, dass es am Ende aussieht wie in so einem spanischen Zwei-Sterne-Hotel. Aber dann ist es auch irgendwie die Kunst durchzuhalten. Als dann alles fertig war, dachte ich: Wie toll ist das, dass du dich wirklich für den unsicheren Weg entschieden hast? Wo du nicht hundertprozentig weißt, wie sich das hinterher anfühlt, wo du nicht die sichere Bank gewählt hast, sondern den experimentellen Weg.“
Der gnadenlose Selbstversuch des Fabian Freytag
„Das hat wirklich meinen Horizont geöffnet. Ich hatte eine ganze Wohnung in Grau gestrichen, genau wie der Ottonormalverbraucher. Ohne Radikale, nur sanfte Entscheidungen. Und jetzt stehe ich jeden Morgen auf und denke: Geil, ob’s draußen trüb ist? Egal. Diese Farbe erhellt wirklich den Raum. Die macht Sonne pur und damit startet mein Tag anders. Und das ist kein Spruch. Das hat mein Leben wirklich verbessert. Das als Erfahrung mitzunehmen, war schon eine sehr schöne Gently-Radical-Reise.“ (Anm. d. Red.: Hier referiert Fabian Freytag auf sein Buchprojekt Gently Radical, das am 23. April auf den Markt kommt.)
Unter Rekordverdacht
„Die Umgestaltung hat für das Buch stattgefunden und deswegen ging das auch so granatenschnell, weil der Content fertig werden musste. Und auch das war eine schöne Erfahrung. Der ganze Umbau hat mich zehn Tage gekostet, also zwei Wochen. Ich hatte das natürlich schon immer mal so ein bisschen geplant nebenher, aber ich habe mich jetzt auch nicht hingesetzt und gesagt: So, jetzt ist Zeit. Das ist organisch entstanden. Und von Chaos Ausbruch bis Chaos Ende waren es dann exakt zehn Tage, zehn mal acht Stunden und das Ding war durch.“
