200 Jahre alter Gutshof, Weingut und 5-Sterne-Resort: Lesen Sie die Geschichte über das São Lourenço do Barrocal. Eine Liebeserklärung an einen tatsächlich unvergleichlichen Ort.
Trendziel und Kraftort
Bei Trivial Pursuit wäre die blaue Wissensecke für gute geografische Kenntnisse durchaus verdient. Auf die Frage, wo der Alentejo liegt, lautet die richtige Antwort: im Süden von Portugal zwischen dem Tejo und der Algarve. Die Region ist weniger bekannt als ihre liebliche Nachbarin. Doch das könnte sich in absehbarer Zeit ändern. Denn der Alentejo steht an dritter Stelle der Forbes-Trendziele für 2023.
Gute Wahl – ohne Zweifel. Ein unglaublich schöner, wunderbar wilder und ein bisschen karger Flecken Erde. Und als hätten die Alentejaner ihrer Umgebung von jeher trotzen wollen, sind Geschichte, Kunsthandwerk und Kulinarik so vielfältig und auf spektakuläre Weise ursprünglich, wie man es nur noch selten innerhalb von Europa findet. Um Land und Leute kennenzulernen, kann es keinen besseren Ort geben als das São Lourenço do Barrocal. Der ehemalige Gutshof, im Portugiesischen Monte genannt, befindet sich seit 200 Jahren im Besitz der Familie Uva.
Wo Zeit (fast) keine Rolle spielt
2016 wurde er als 5-Sterne-Hotel mit 24 Zimmern und 16 Cottages eröffnet. Davor lagen 14 Jahre Instandsetzung. Dauer und Ergebnis dieser Maßnahme sagen viel über das Barrocal. Zeit ist hier relativ. Man lebt mit dem Lauf der Natur und respektiert, dass die Entstehung von etwas Gutem dauern darf.
Aus dem Dornröschenschlaf geweckt
Eduardo Souto de Moura, dem verantwortlichen Architekten, sollte man jedoch kein Wort glauben, wenn er beteuert: „Eigentlich habe ich hier gar nichts gemacht.“ Er hat nichts weniger getan, als dem Barrocal seine Seele zurückgegeben. Nach der Nelkenrevolution 1974 wurde das Anwesen beschlagnahmt, war dann drei Jahrzehnte mehr oder weniger unbewirtschaftet. Fast zu schön, um wahr zu sein: Die Gebäude blieben im wörtlichen Sinne vollständig erhalten. Es galt lediglich, das Dornröschen-Potenzial ästhetisch zu nutzen.
Dachziegel und Terrakotta-Ziegelböden blieben, sofern möglich, erhalten. Der Rest wurde nach originalem Vorbild in einer nahe gelegenen Töpferei nachgebrannt. Ebenso verfuhr man beim Mobiliar, nutzte vorhandene Stücke und ergänzte sie um handgefertigte Holzmöbel. Textilien und Keramik stammen aus der direkten Umgebung. Ein Besuch in den Werkstätten gleicht einer Zeitreise. Unbedingt machen! Authentischer lässt sich portugiesisches Kunsthandwerk nicht erleben.
Authentisch, gar nicht abgedroschen
Genau wie die Landwirtschaft, die im Barrocal weiterhin betrieben wird. Farm-to-Table wird hier gelebt, vielmehr serviert – genau wie vor 100 Jahren. Als Gast darf man mit anpacken bei der Wein- und Olivenernte oder beim Anbau des täglichen Bedarfs im Gemüsegarten. Es ist der Zauber des Einfachen, der an diesem Ort berührt und von dem man noch lange, nachdem man wieder abgereist ist, zehrt.
Der Artikel erschien erstmals in DECO HOME Ausgabe 2/23.