Die Strohmarketerie erlebt gerade ein lebhaftes Comeback. Wir stellen das alte Kunsthandwerk vor und zeigen, wie es in moderne Zeiten transportiert wird.
Stroh zu Gold spinnen – eine Herausforderung, die nur im Märchen gelingt? Mitnichten. Zwar sitzt heute niemand mehr wie die arme Müllerstochter am Spinnrad, doch bringen die Einlegearbeiten trübe Halme zum Leuchten.
Die Geschichte der Strohmarketerie
Das alte Handwerk der Strohmarketerie kam im 17. Jahrhundert auf und war durch alle Gesellschaftsschichten hinweg sehr gefragt. Neben einfachen Schachteln wurden auch Möbel oder Spiegelrahmen mit Einlegearbeiten aus Stroh verziert. Das Stroh dafür haben Bauern schon damals eigens zu diesem Zweck angebaut. Erst Ende des 19. Jahrhunderts kam die Strohmarketerie aus der Mode, bis sie im Zuge des Art déco eine neue Blüte erlebte.
Doch wie wird nun eigentlich Stroh zu Gold?
Kaum einem Kunsthandwerk dient ein so unscheinbares Naturmaterial wie Stroh, genauer gesagt Gerstenstroh, als Arbeitsmaterial. Bis heute wird es in Europa eigens zu diesem Zweck angebaut und teilweise sogar von Hand geerntet. Für die Verwendung in der Strohmarketerie müssen die Halme nämlich besonders lang und flexibel sein. Sie werden grün geerntet, auf dem Feld getrocknet, dann geschnitten und gefärbt. Jeder Halm nimmt die Farbe jedoch anders an, so dass viele Nuancierungen entstehen.
Für die weitere Verarbeitung wird jeder Strohhalm mit dem Fingernagel aufgebrochen und mit einem Schaber geglättet. Anders als bei Holzintarsien wird das Motiv jedoch nicht in die Oberfläche eingesetzt, sondern auf einer Trägerplatte fixiert. Dafür wird das Motiv zuerst vorgezeichnet und die Halme darauf eng aneinander geklebt. Dabei sind vor allem Geschick, Genauigkeit und Geduld gefragt. Später werden die Bildelemente zusammengefügt. Abschließend wird die Oberfläche mit einem Beinwerkzeug poliert. Wegen der natürlichen Wachsschicht des Strohs ist kein weiterer Überzug notwendig.
Das Atelier von Lison de Caunes
Die Wiederbelebung der „Marqueterie de Paille“, wie das alte Kunsthandwerk im Französischen heißt, ist die Passion von Lison de Caunes. War es doch ihr Großvater, André Groult, der zusammen mit Jean-Michel Frank, um 1920 maßgeblich an der Blütezeit der Strohmarketerie im Art déco beteiligt war.
Heute restauriert sie nicht nur alte Strohmarketerien, sondern führt auch moderne Auftragsarbeiten aus, arbeitete schon für Marken wie Guerlain und Louis Vuitton oder mit Designern wie Peter Marino, Vincent Darrée oder Mathieu Lehanneur. Daneben entwickelt sie ihre eigene Möbelkollektion.
Strohmarketerie in Deutschland
Auch hierzulande pflegt Simône Schwarz die alte Tradition: Die Strohmanufaktur fertigt Einlegearbeiten für Surfbretter sowie Wandverkleidungen und auch die Vorderseite für die Leuchte Paris von den Bielefelder Werkstätten.
Strohmarketerie Comeback
Als wir die Strohmarketerie Elemente der diesjährigen Kollektionen gesehen haben, war die Freude groß. Sie zeigen wie moderne Entwürfe und altes Handwerk Hand in Hand gehen können.
Auch bei Janua steht Handwerk im Mittelpunkt. Chefredakteurin Anne Gelpke war vor Ort, von ihren Eindrücken lesen Sie →hier.