Die Strohmarketerie erlebt gerade ein lebhaftes Comeback. Wir stellen das alte Kunsthandwerk vor und zeigen, wie es in moderne Zeiten transportiert wird.

Stroh zu Gold spinnen – eine Herausforderung, die nur im Märchen gelingt? Mitnichten. Zwar sitzt heute niemand mehr wie die arme Müllerstochter am Spinnrad, doch bringen die Einlegearbeiten trübe Halme zum Leuchten.

APR Lison de Caunes Créations Paravent Duo 2 ©Gilles Trillard decohome.de

Strahlende Erscheinung: Die Wertigkeit entsteht durch die haargenaue Verarbeitung des schlichten Naturmaterials (Bild: Lison de Caunes)

Die Geschichte der Strohmarketerie

Das alte Handwerk der Strohmarketerie kam im 17. Jahrhundert auf und war durch alle Gesellschaftsschichten hinweg sehr gefragt. Neben einfachen Schachteln wurden auch Möbel oder Spiegelrahmen mit Einlegearbeiten aus Stroh verziert. Das Stroh dafür haben Bauern schon damals eigens zu diesem Zweck angebaut. Erst Ende des 19. Jahrhunderts kam die Strohmarketerie aus der Mode, bis sie im Zuge des Art déco eine neue Blüte erlebte.

Doch wie wird nun eigentlich Stroh zu Gold?

Kaum einem Kunsthandwerk dient ein so unscheinbares Naturmaterial wie Stroh, genauer gesagt Gerstenstroh, als Arbeitsmaterial. Bis heute wird es in Europa eigens zu diesem Zweck angebaut und teilweise sogar von Hand geerntet. Für die Verwendung in der Strohmarketerie müssen die Halme nämlich besonders lang und flexibel sein. Sie werden grün geerntet, auf dem Feld getrocknet, dann geschnitten und gefärbt. Jeder Halm nimmt die Farbe jedoch anders an, so dass viele Nuancierungen entstehen.

BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0702 decohome.de

Die Farbpalette ist breit gefächert, weil sich Stroh leicht färben lässt

Für die weitere Verarbeitung wird jeder Strohhalm mit dem Fingernagel aufgebrochen und mit einem Schaber geglättet. Anders als bei Holzintarsien wird das Motiv jedoch nicht in die Oberfläche eingesetzt, sondern auf einer Trägerplatte fixiert. Dafür wird das Motiv zuerst vorgezeichnet und die Halme darauf eng aneinander geklebt. Dabei sind vor allem Geschick, Genauigkeit und Geduld gefragt. Später werden die Bildelemente zusammengefügt. Abschließend wird die Oberfläche mit einem Beinwerkzeug poliert. Wegen der natürlichen Wachsschicht des Strohs ist kein weiterer Überzug notwendig.

Das Atelier von Lison de Caunes

Die Wiederbelebung der „Marqueterie de Paille“, wie das alte Kunsthandwerk im Französischen heißt, ist die Passion von Lison de Caunes. War es doch ihr Großvater, André Groult, der zusammen mit Jean-Michel Frank, um 1920 maßgeblich an der Blütezeit der Strohmarketerie im Art déco beteiligt war.

LDC BOITE VIGNES INSITU©Gaelle Le Boulicaut decohome.de

Neu in der Kollektion sind die von ihrem Großvater inspirierten Schatullen, deren Designs detailreiche Weinreben, Muscheln oder Orangen zeigen.

Heute restauriert sie nicht nur alte Strohmarketerien, sondern führt auch moderne Auftragsarbeiten aus, arbeitete schon für Marken wie Guerlain und Louis Vuitton oder mit Designern wie Peter Marino, Vincent Darrée oder Mathieu Lehanneur. Daneben entwickelt sie ihre eigene Möbelkollektion.

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Dieser Rundgang durch das Pariser Atelier von Lison de Caunes hat in der DECO-Redaktion für große Erheiterung gesorgt: Wenn Sie genauso neugierig geworden sind wie wir, können Sie →hier digital durch das Atelier schweifen und den Mitarbeitern bei den verschiedenen Arbeitsschritten zusehen.

Strohmarketerie in Deutschland

Auch hierzulande pflegt Simône Schwarz die alte Tradition: Die Strohmanufaktur fertigt Einlegearbeiten für Surfbretter sowie Wandverkleidungen und auch die Vorderseite für die Leuchte Paris von den Bielefelder Werkstätten.

BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0775 decohome.de
 
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0775 decohome.de
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0176 decohome.de
 
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BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0256 decohome.de
 
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0256 decohome.de
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0761 decohome.de
 
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0761 decohome.de
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0613 decohome.de
 
BW Bielefelder Werkstätten Strohmanufaktur 0613 decohome.de
BW Leuchte Strohmarketerie decohome.de
 
BW Leuchte Strohmarketerie decohome.de

Strohmarketerie Comeback

Als wir die Strohmarketerie Elemente der diesjährigen Kollektionen gesehen haben, war die Freude groß. Sie zeigen wie moderne Entwürfe und altes Handwerk Hand in Hand gehen können.

ClassiCon bell side table amber orange straw marquetry photo hassos decohome.de
Auch Sebastian Herkners Bell Table hat dieses Jahr eine neue Strohmarketerie-Oberfläche bekommen.
ClassiCon bell side table amber orange straw marquetry photo hassos decohome.de
Katerina Bulgakova 27 Box Strohmarketerie decohome.de
Schatulle mit Roggenmuster von Katarina Bulgokova
Katerina Bulgakova 27 Box Strohmarketerie decohome.de
APR HestiaLiving Everyday Arabesque © Kate Jordan decohome.de
Hestia Living nutzt für die Platzmatten Arabesque Digitaldruck, um den Strohmarketerie-Look auf Alltagsobjekte zu bringen
APR HestiaLiving Everyday Arabesque © Kate Jordan decohome.de
Hell und sehr edel wirkt die mit Strohmarketerie verkleidete Wand samt Türen in diesem von der Pariser Innenarchitektin Charlotte Biltgen gestalteten Interieur
Lison de Caunes Boutique Cartier Geneve
Auch Edellabels haben das alte Kunsthandwerk für sich wiederentdeckt. Diese monochrome Arbeit befindet sich im Genfer Cartier Store. (Foto: Gaelle Le Boulicaut)
Lison de Caunes Boutique Cartier Geneve

 

www.lisondecaunes.com

Auch bei Janua steht Handwerk im Mittelpunkt. Chefredakteurin Anne Gelpke war vor Ort, von ihren Eindrücken lesen Sie →hier.