Rattan steht für Wärme, Entspannung und Raffinesse. Dass die biegsame Naturfaser zudem vielfältig einsetzbar und extrem nachhaltig ist, macht sie besonders interessant und zu einem der Trendmaterialien unserer Zeit. Die Designerin Lulu Lytle gibt in ihrem Buch „Rattan. Eine Welt voller Eleganz und Charme“ Einblicke in die lange Geschichte und die aufwändige Handwerkskunst. Eine Liebeserklärung! 

Mit Rattanmöbeln ausgestattet: die Urlaubsresidenz Villa Santo Sospir von Francine and Alec Weisweiller in Saint-Jean-Cap-Ferrat. Foto: Romain Laprade

Wir schließen die Augen und stellen uns folgende Szenerien vor: Ein elegantes Dinner in einem exotischen Garten, ein Frühstück auf einer sonnenverwöhnten Veranda, ein Empfang auf einer Yacht. Welche Möbelstücke sehen Sie? Mit großer Wahrscheinlichkeit auch welche aus Rattan! Denn das Naturmaterial steht wie kein anderes für entspannte Eleganz und wird nicht umsonst mit exotischen Reisen und einem exklusiven Lebensstil in Verbindung gebracht.

Die Veranda der Villa Saluzzo Bombrini in Ligurien mit Rattan-Möbeln aus Italien. Foto: Carla de Bendetti

Glamouröse Faszination

„Es gibt kaum einen Filmstar oder eine Koryphäe, die nicht schon einmal in einem Peacock Chair posiert hat, während Rattansessel und Co. auf Fotografien von Orangerien, Gärten oder Yachten europäischer Könige auftauchen. Rattan ist zwar ein Synonym für träge Sommertage, hat aber viele Persönlichkeiten: von der unschuldigen Einfachheit einer Kinderwiege bis hin zur Strenge eines Bauhaus-Interieurs und der hedonistischen Atmosphäre von Jay Gatsbys Villa in West Egg“, schreibt Lulu Lytle in ihrem Buch.

Die Designerin und Mitbegründerin des Einrichtungsunternehmens Soane Britain ist schon seit ihrer Kindheit fasziniert von dem Naturmaterial und untersucht in „Rattan. A World of Elegance and Charme“ die anhaltende Anziehungskraft der tropischen Faser. Sie geht dabei auf die Geschichte und aufwändige Handwerkskunst ein und zeigt das Material in völlig unterschiedlichen Umgebungen – vom impressionistischen Gemälde über extravagante Nachtclubs bis hin zu zeitgenössischen Wohnbereichen.

„Rattan-Möbel erinnern an den Glamour und die entspannte Eleganz exotischer Strandhäuser sowie an die informelle Schönheit pflanzengefüllter Gartenzimmer und sonnenverwöhnter Veranden.“

Rattan. A World of Elegance and Charm, 60 Euro, Rizzoli New York

Tea Room des Hotel Prince George in New York im Jahr 1907. Foto: Bridgeman

Althergebrachte Handwerkskunst

Bereits vor tausenden von Jahren wurden beispielsweise in Ägypten aus verschiedenen Pflanzenfasern Körbe hergestellt. Den Beweis liefern unter anderem die Gräber der Pharaonen, in denen kunstvolle Korbstühle, Tische, Körbe, Kisten und Truhen entdeckt wurden. Und auch Tutanchamun (ca. 1341–1323 v. Chr.) wurde mit einer Reihe von Korbgegenständen begraben. Mit dem Römischen Reich kam es zu einer raschen Expansion der Korbweidentechnik. Schlichter als die ägyptischen Flechtwerke wurde römisches Korbgeflecht zur Herstellung von Paravents, Schaukeln und Möbeln sowie für alltägliche Gegenstände verwendet. Heute gibt es nur noch wenige Betriebe, die Rattan in traditioneller Handwerkskunst verarbeiten. Denn die Technik des Kreuzens, Webens und Flechtens des Naturprodukts ist aufwändig und kompliziert.

Antike Rattanstühle im Haus von Designer Gert Voorjans. Foto: Miguel Flores-Vianna

Die Rattan Pavillon Chairs von Soane Britain sind von antiken Regency-Stühlen aus Bambus inspiriert

Rattan neu interpretiert

In den letzten Jahren hat sich ein regelrechter Hype um Rattan gebildet. Viele Designer erkennen erneut das Potenzial des Materials und integrieren es in moderne Wohnwelten. Neben klassischen Vintage-Stücken, wie beispielsweise dem Paris Chair, den Arne Jacobsen für Sika entworfen hat, stehen moderne Kreationen mit Rattan hoch im Kurs. Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten der Naturfaser endlos. Hier kommen die schönsten aktuellen Stücke.

Deckenlampe von Villa Collection (über pinkmilk)
Zeitungsständer Salma von NV Gallery
Paravant Krysia von WestwingNow
The Rattan Venus Chair von Soane Britain
Aufbewahrungskorb von Bloomingville (über pinkmilk)
Hocker Wicky von Broste Copenhagen (über Erkmann)
Sofa 311 von Svenskt Tenn

Text: Stefanie Wolf