Wie aus einer Skizze ein Stoff wird und aus wie vielen Fäden eine Kette besteht, erzählen wir in Teil III unserer Onlineserie über die Kollektions-Entstehung beim hessischen Textilverlag Zimmer + Rohde.

Vom Papier auf den Stoff

Die Schussfäden bilden im Zusammenspiel mit dem Kettgarn (was das genau ist, erklären wir weiter unten …) das Design eines Stoffes. Um einen Entwurf auf Textilien übertragen zu können, wird die Originalvorlage vom Papier eingescannt und mit einer spezifischen Software bearbeitet. Es wird eine sogenannte Web-Patrone ausgearbeitet, damit der digital gesteuerte Webstuhl erkennt, in welcher Reihenfolge die entsprechenden Kettfäden gehoben und gesenkt werden müssen, um das gewünschte Motiv exakt zu weben.

 

Die Vorbereitung: Mensch & Maschine 

Die Vorbereitungen für das Weben und Einrichten des Webstuhls sind sehr aufwendig und erfordern viel Erfahrung. Rechnet man das Färbens der Garne ein, dauern sie mehr als zwei Wochen. Damit ist die Vorbereitung das, was beim industriellen Webprozess am längsten dauert, denn die modernen Jacquard-Webstühle weben 50 bis 60 Meter am Tag – also circa eine Stoffrolle.
Doch bevor gewebt werden kann, müssen die textilen Fasern zu Garnen für Kette (die Längsfäden in einem Gewebe) und Schuss (die quer verlaufenden Fäden) gesponnen werden. Für die Kette von Design „Mixed Media“ (im Video oben und Bild unten) wird ein sehr feines Polyestergarn in einer speziell für jedes Kolorit festgelegten Farbe eingefärbt. Anschließend werden die Garne zu einer Kette „geschärt“. Der Begriff Schären leitet sich von „eine Schar Fäden bilden“ ab.

„Eine Kette kann 100 bis 3000 Meter lang sein“

Um die fertige Kette auf dem Webstuhl zu installieren und einzuziehen, ist Teamwork gefragt – hier müssen mindestens zwei bis drei Personen ran. Jeder einzelne Faden muss durch eine Litze, eine Öse am Schaft des Webstuhls, gezogen werden, damit er für das fein detaillierte Muster einzeln angesteuert werden kann. Die Spannung aller Fäden muss gleichmäßig sein und alle Faktoren stimmen, um später eine reibungslose und perfekte Produktion zu ermöglichen. Daher sind gerade diese Prozesse wesentlich zeitaufwendiger als das Weben an sich.

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Die Kette für diesen Stoff aus der „Mixed Media“-Kollektion ist sehr fein und besteht bei einer Breite von 140 cm aus insgesamt 11520 Fäden. Das sind über 80 Fäden pro cm.

„Ein Webstuhl kann circa 11.000 Meter Stoff pro Jahr produzieren“

Der Webprozess

Sind auch die letzten Vorbereitungen getroffen, kann der Webprozess starten. Weben bedeutet in vereinfachter Form das rechtwinklige Verkreuzen von Fadensystemen nach einer bestimmten Ordnung. Es werden unterschiedliche Gruppen von Kettfäden gebildet, die gleichzeitig angehoben oder gesenkt werden.
In den entstehenden Zwischenraum wird ein Querfaden eingeschossen, der Schussfaden. Die vorher ange­hobenen Fäden werden gesenkt und die vorher gesenkten Fäden angehoben und ein rechtwinkelig verkreuztes Gewebe wird geformt. So entsteht Millimeter für Millimeter ein Design, das sich etwa alle 70 cm wiederholt. Dieses sich wiederholende Muster nennet man Rapport.

Vertrauen ist gut, Kontrolle besser

Ist der Stoff schließlich gewebt, ist er noch längst nicht fertig. Zunächst wird Zentimeter für Zentimeter nach Webfehlern abgecheckt. Danach durchläuft er mehrere Veredelungsprozesse. Beispielsweise wird der Stoff auf die richtige Breite gespannt und gedämpft, damit er weich fällt und später am Fenster einfach zu dekorieren ist. Nach der Veredelung wird er erneut kontrolliert, fein säuberlich aufgerollt und ins Lager geschickt.

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Pssst … ein Bild aus der brandneuen Frühjahrskollektion 2021