Im Anwesen der Schriftstellerin Anna Katharina Fröhlich in Bogliaco am Gardasee werden persönlicher Geschmack und guter Stil eins – untermalt von einer romantischen Aura, die die Wahlitalienerin hier von Berufs wegen und dank der (lombardischen) Natur umgibt. 

Das Telefoninterview zu diesem Text gleicht einem Hörbuch. Mit ruhiger, warmer Stimme erzählt Anna Katharina Fröhlich über ihr Haus am Gardasee, was zugleich auch die Geschichte ihres Lebens ist.

Die Magie Italiens

Alles begann 1970, als ihre Mutter Christiane, eine leidenschaftliche Schwimmerin, zusammen mit ihrem Vater, dem Schriftsteller Hans-Jürgen Fröhlich, auf dem Weg nach Rom ist. Die beiden machen Station bei einem befreundeten Dichter am Gardasee und die Mutter ist verzaubert von dem See und der Landschaft. Hier ein Haus zu besitzen, erscheint ihr als der Inbegriff des Lebens, von dem sie träumt. Denn sie ist jung und verliebt und es ist Italien.

Das Paar macht sich auf die Suche nach einem geeigneten Objekt. Zwischendurch verbringt es noch ein Jahr in Rom an der Deutschen Akademie Villa Massimo und findet schließlich ein kleines, zerfallenes, fast stallartiges Gebäude. Das Haus ist umgeben von einem großen, wilden Garten, der ursprünglich Teil einer Klosteranlage war. Mittendrin ein alter Brunnen, der verheißungsvoll vor sich hin plätschert.

„Schubkarre für Schubkarre hat meine Mutter dann begonnen, alles abzutragen, aus der, ja, man kann sagen Ruine das Haus zu erbauen und den Garten anzulegen. So geht das jetzt seit 50 Jahren“

Katharina Fröhlich macht eine kleine Pause, als wolle sie die Romantik des bisher Erzählten nachwirken lassen, bevor sie über nicht vorhandenen Strom, Wasser und morbide Mauern spricht. „Schubkarre für Schubkarre hat meine Mutter dann begonnen, alles abzutragen, aus der, ja, man kann sagen Ruine das Haus zu erbauen und den Garten anzulegen. So geht das jetzt seit 50 Jahren.“ In dieser Zeit wird Katharina geboren. Als die Eltern sich trennen, zieht die Mutter zurück nach Deutschland, behält aber das Anwesen.

Orientalischer Einfluss

Ihr zweiter Mann ist Journalist und berichtet als Auslandskorrespondent aus Belgrad, Tokio und Neu-Delhi. Er bringt die Liebe zu Indien ins Leben der beiden Frauen. Vor allem in das von Katharina. Mutter und Tochter sind regelmäßig zu ausgedehnten Besuchen dort, tauchen tief ein in die Kultur des Landes. Dessen expressive Farben und Muster verbinden sich quasi von Lebens wegen mit der europäischen Klassik, die ihnen vertraut ist. „Der Stil meiner Mutter hat sich natürlich auf mich übertragen, auch wenn ich mehr vom Orient beeinflusst wurde.“ Über die Jahre reift er, langsam und stetig – dieser wahrlich fröhliche Mix, der wie tausendundeine italienische Nacht anmutet. Möbel, Stoffe und Accessoires kehren von den Reisen mit zurück nach Bogliaco.

„Ich habe ein ganzes indisches Zimmer auf dem Fischmarkt in Kalkutta gekauft und mit dem Schiff kommen lassen“

Dazu sammeln sich Erbstücke an und Errungenschaften von Antiquitätenmärkten. Eine Schneiderin aus der Nachbarschaft vernäht herrliche indische Seiden zu Decken und Kissen, fertigt aus französischen Blumenstoffen und Velours kunstvolle Baldachine. Eine fast schon kleine Mannschaft von Dekorateuren bemalt über die Jahrzehnte Decken und Wände der mittlerweile zwei Häuser. Katharina hat im unteren Teil des Gartens eine ehemalige Scheune zum Wohnhaus umgebaut.

 
 
 
 
 

Außerdem bleibt sie der Familientradition treu und wird Schriftstellerin. In den Rezensionen ihrer Bücher fallen Worte wie detailhungrig, eigensinnig oder dicht. Über die Frage, inwieweit ihre Umgebung die Bücher beeinflusst hat, denkt sie kurz nach. „Jeder Mensch wird von den Räumen, in denen er lebt, beeinflusst. Es gibt die Innenräume, die von den Außenräumen geprägt werden. Farben, Gerüche – allein die Düfte hier im Garten: Rosen, Glyzinien, Jasmin. Das sind ständige, sehr sinnliche Erregungen, die sich in der Sprache niederlegen.“ Das wäre dann wohl die liebevolle Beschreibung eines Haus am Gardasee, wie man es aus Romanen kennt.

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Fotos: Andreas von Einsiedel

Diese Wohngeschichte erschien erstmals in der DECO HOME Ausgabe 2/21