Mit der zeitgenössischen Interpretation des Pietra Dura rettet ein pakistanisches Mutter-Tochter-Gespann ein Kunsthandwerk aus alter Zeit. Und gibt ganz nebenbei geflüchteten Pashtunen eine neue Perspektive.

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Jede Blüte, jedes Blatt wird aus Edel- oder Halbedelsteinen ausgesägt

Wie in Stein gemalt

An eine Laubsägearbeit erinnern die Blüten und Blätter in pudrigen Pastelltönen. Doch statt aus Holz sind sie aus dünnen Steinplatten geschnitten. Mit Kitt und Fingerspitzengefühl werden die Elemente aus Edel- und Halbedelsteinen wie Onyx, Achat, Jade, Malachit oder Lapislazuli in präzise gemeißelten Formen auf einer weißen Marmorplatte zusammengefügt und abschließend poliert.

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Im ausgeschnittenen Trägerstein werden die einzelnen Elemente zusammengefügt und abschließend poliert

Bei der Pietra Dura genannten Kunst werden silhouettiert geschnittene Steine zu bunten Bildern zusammengefügt. Ein Handwerk, das beim Volk der Paschtunen Tradition hat.

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Für eine verzierte Tischplatte meißeln Handwerker die Form für die Intarsie aus dem Marmor

Die Paschtunen lebten bereits lange, bevor die bis heute gültige Grenze im 19. Jahrhundert gezogen wurde, im Gebiet zwischen Afghanistan und Pakistan. Vor den anhaltenden Konflikten in der Region flohen fast drei Millionen afghanische Paschtunen ins benachbarte Pakistan. Viele von ihnen Steinmetze.

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Frangipaniblüten und -blätter zieren Tischmodell „Champs“ aus pakistanischem Marmor mit natürlicher Bruchsteinkante

In den frühen 1980er-Jahren entdeckte Künstlerin Farhana Asad beim Besuch des alten Basars im pakistanischen Peschawar eine kleine, mit Steinintarsien verzierte Dose. Sie war so begeistert, dass sie den Kunsthandwerker, einen Flüchtling aus Afghanistan, aufsuchte und ihn bat, sie die Kunst des Pietra Dura zu lehren.

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Mit sicherer Hand stellt Künstlerin Farhana die Farben zusammen

Vom Grabstein zum Designermöbel

„Zu jener Zeit fertigten die Männer, die diese aussterbende Kunst noch beherrschten, nur Grabsteine“, erinnert sie sich. „Doch diese Technik hatte so viel Potenzial.“ Farhana richtete in ihrer Garage eine Werkstatt ein und gründete die Kooperative Lél, was so viel bedeutet wie „Mutter Stein“. Die Männer lehrten sie die Steinbearbeitung. Im Gegenzug führte Farhana sie in die Welt der Farbharmonien und des Designs ein.

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Farhana und Meherunnisa Asad

Heute fertigen zehn bis 15 pakistanische wie afghanische Paschtunen gemeinsam die Tische und Kleinmöbel der Lél-Kollektion. Seit 2010 unterstützt Tochter Meherunnisa Farhanas unermüdliches Engagement. Nach ihrem Studium in Pakistan und New York arbeitete die junge Architektin an der Konservierung historischer Gebäude in Lahore mit und erkannte, wie wichtig der Erhalt traditionellen Kunsthandwerks für die kulturelle Identität ist: „Für die afghanischen Flüchtlinge bei Lél ist ihre Arbeit weit mehr als ein Job“, weiß Meherunnisa, die als Creative Director die Kollektion selbstbewusst auf den modernen Geschmack ausrichtet.

„Ihr Handwerk ist für die afghanischen Paschtunen etwas Vertrautes, das für ihre Heimat steht“

Meherunnisa Asad

„Wo so viel durch Unruhen und Migration verloren gegangen ist, finden sie hierdurch etwas, das dennoch fortbesteht. Und so ist der Erhalt dieser alten Tradition zugleich eine Art Heilungsprozess. Wenn sie erkennen, dass sie zwar vertrieben wurden, doch nicht entwurzelt sind.“

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Exotische Vögel im Steindschungel

www.studio-lel.com

Noch mehr zum Thema Handwerkskunst: Auch das britische Designstudio Glithero interpretiert alte Techniken völlig neu.