Die Mailänder Möbelmesse ist das größte und unbestreitbar beste Spektakel seiner Art. Warum? Weil sie über die reine Produktschau auf der Messe – deren Stände mitunter auch höchst sehenswert sind – hinausgeht und die ganze Stadt mit Design, Leben und kreativen Vibes füllt. Hier zeigen wir Möbel Trends, aufsehenerregende Installationen und coole Produkte, für die wir in unserer Print-Ausgabe (ab 1.6. am Kiosk) keinen Platz gefunden haben.
Fünf Möbel Trends, die uns gefallen
Es gibt Jahre, da lassen sich nach so einem Messebesuch gar nicht wirklich neue Formen-, Farben- und Oberflächen-Trends für Möbel greifen. In diesem Jahr aber gab es so einige Details und Linien zu sehen, deren gehäuftes Aufkommen kein Zufall sein kann. Hier kommt eine Auswahl von fünf, in DECO HOME 3/2023 zeigen wir Ihnen noch mehr. Fest steht: Langweilig wird’s nicht …
Runde Sofas, die frei im Raum platziert werden sollen, und überhaupt abgerundete Kanten sowie extrem organische Formen waren einer der deutlichsten Möbel Trends in Mailand. Hier ein Beispiel von
Moroso.
Ebenso klar ersichtlich: stabile Füße, oft konisch zulaufend oder röhrenartig, für Tischbeine und Stühle. Hier ein Design von Studiopepe für
Leolux.
Nach Marmor und Travertin das Plattenmaterial der Stunde: Lavastein. Hier glasierte Sidetables von
C Design.
Polster an sich und alles Weiche ist schon länger eine Art Trend im Interiordesign. Gerade beliebt bei Möbelentwürfen sind locker über die Lehne geworfene Polsterverlängerungen. Hier aus der Outdoorkollektion von
Baxter.
„Lieber loungen“ ist das große Stichwort, dass sich vor allem in den allermeisten Outdoormöbelserien zeigt. Bei der neuen Loungeversion des Stahlrohrfreischwingers
S 32 von Thonet kommt noch die Tendenz hinzu, dass immer mehr Klassiker in Re-Designs neu aufgelegt werden.
Eine neue Mode?
Die Tatsache, dass auch immer mehr angestammte Fashionhäuser um Aufmerksamkeit für ihre eigenen Homecollections buhlen – mal mehr, mal weniger erfolgreich, wie wir finden – inspirierte uns zur frei interpretierbaren Frage: „Wie modisch sind Möbel?“, die wir Designern, Trendexperten und Möbelinsidern stellten. In der immer inspirierenden Galerie von Designikone Rossana Orlandi trafen wir Draga Obradovic, Designerin des aufstrebenden Labels Draga & Aurel vom Comer See. Sie hat einen ganz persönlichen Ansatz zum Thema:
„Ich mag die Idee, weil ich meine Möbel auch als Mann oder Frau begreife. Zuerst geht es beim Entwurf um die reine Form, doch es kommt der Punkt, wo ich sie ankleiden muss. Dann kommen die Farben, die Muster ins Spiel. Ich komme eigentlich aus dem Textildesign. Für mich findet Fashion nicht nur eine Saison statt. Ihre Aufgabe ist es, Identität und Diversität zu spenden. Aber es geht auch ganz simpel darum, dem Körper zu schmeicheln.“ – Draga Obradovic
(Fotos: Riccardo Gasperoni / Robyn Lea)
Unser Best of: die Produkte zu den Möbel Trends
Schon klar, bei den Massen an Möbeln, Teppichen, Leuchten, Keramik und sonstigen Accessoires, die in Mailand präsentiert und später auch ins Email Postfach geflutet werden, ist es schwer eine Highlight-Auswahl zu treffen. Wir wagen es doch und zeigen hier eine bunte Parade von bekannten Herstellern, Newcomern und redaktionellen Neuentdeckungen.
Ames (Foto: Andres Valbuenas)
Sehenswerte Installationen
Wie oben bereits angedeutet, ist Mailand eben Mailand, weil diese Messe über die reine Produktschau hinausgeht. Es geht auch um die Inszenierung. Für alle, die nicht selbst vor Ort sein konnten, zeigen wir hier ein paar inspirierende Beispiele.
Ein echtes Highlight: Möbelhersteller
Gubi präsentierte seine Möbel im öffentlichen Schwimmbad Bagni Misteriosi.
Designerin JJ Martin tapezierte die Waschräume mehrerer Restaurants mit Mustern ihres Labels
La Double J.
Die Kunst- und Designplattform
Artemest mietete sich im Hauptquartier des Ausstellungsviertels 5vie ein und ließ in seinem L'Appartamento internationale Kreative und Einrichter eigene Räume gestalten.
Für uns eine Neuentdeckung: Das Designstudio
Atelier Areti, das beim urbanen Messeformat Alcova seinen Leuchten ausstellte. Die Macher des Labels leben in Großbritannien und Italien – gefertigt werden die Produkte vorwiegend in Deutschland.
Für Alcova richtete auch der Berliner Architekt und Interiordesigner
Fabian Freytag ...
... seine mondäne „Bar Fourage“ ein. Wir finden: Ziemlich gelungener Kontrast zur roughen Abrisslocation.
Ganz in der Nähe zeigte auch die Materialbibliothek
Habitarematerials, wie vielfältig die Oberflächen der finnischen Designszene sind. (Foto: Sameli Rantanen)
Etwas "ab vom Schuss", aber jeden Laufmeter wert, war die Casa Ornella – das Mailänder Apartment der progressiven Interiordesignerin Maria Vittoria Paggini. Psst: In unserer Herbstausgabe DECO HOME 4/2023 erzählen wir euch mehr von dieser ungewöhnlichen Persönlichkeit. (Foto: Carlotta Coppo)
Hotspot an der Porta Nuova: Die Installation des Münchner Leuchtenlabels Ingo Maurer. Hier zu sehen das mikadoinspirierte Design
Pic-a-Stick. (Foto: Giuliano Koren)
Mini-Ausstellung in einem Hinterhof von 5vie: Für Love Letters wurden Künstler und Designer eingeladen ihren Interpretationen von Liebe eine Form zu geben. Hier reflektiert Keramikerin
Xanthe Sommers in einer überdimensionalen Skulptur ihre Heimat Zimbabwe.
Designerin Sara Ricciardi gestaltete einen eher überraschenden kleinen Dinner-Space im Palazzo Litta: "La Grande Belezza" für Starhotels. Hier zu sehen ist ihre Tablewear-Kollektion
Cloris. (Foto: Cartacarbone)
Marimekko setzte wie immer auf klare Linien und Farbe. (Foto: Claudia Zalla)
Im Viertel Brera gab's kein Dranvorbeikommen:
Ralph Lauren bespielte die Hausfassade seines Mailänder Stores mustergültig.
Etwas kurios, aber irgendwie cool: Leuchtenobjekte von Dario Buratto für
Stories of Italy. Präsentiert in Alcova. (Foto: Claudia Zalla)