Recycelbare Garne, PET-Flaschen, CO₂-neutral, GOTS-Gütesiegel – was steckt eigentlich hinter den Begriffen, die nachhaltig wohnen definieren? Karoline Ihling-Fehrle, Leiterin des Apelt Ateliers, gibt anlässlich der neuen Deco Team Trends 2023 Einblicke!
Was heißt hier trendig?
Welche textilen Trends kommen? Welche bleiben? Fragen, die sich nicht nur Apelt, sondern auch Deco Team, die Interessengemeinschaft führender Stoff- und Sonnenschutzanbieter, jedes Jahr aufs Neue stellt. Und die sie gemeinsam mit acht weiteren Mitgliedern auch diesmal in Form von Trendwelten während der Frankfurter Messe Heimtextil beantwortet haben. 2023 lautet das Motto „Green Affairs“ und widmet sich ganz dem Thema Nachhaltigkeit. Wir haben mit Apelt Atelier Leiterin Karoline Ihling-Fehrle über Vorurteile, Vorteile und den Stand der Dinge gesprochen.
Frau Ihling-Fehrle, welche Eigenschaften qualifizieren Garne als recycelbar?
Zuerst einmal müssen sie die gleichen technischen Eigenschaften haben wie ihre nicht-recycelbaren Vorgänger. Um „Greenwashing“ von vornherein auszuschließen, sollten sie ein anerkanntes, seriöses Zertifikat tragen. Das sind unserer Erfahrung nach die beiden wichtigsten Voraussetzungen.
Welche Faktoren machen den Entstehungsprozess nachhaltig?
Da gibt es mehrere: Zum einen der Einsatz von recycelten Materialien. Dazu gehören beispielsweise Garne aus PET-Flaschen, Plastik aus dem Meer und aufbereitete Alttextilien. Außerdem ist die Reduzierung von Prozessenergie, zum Beispiel in Form von Wasser, ein wichtiger Punkt. Das bedeutet Digitaldruck im Gegensatz zu Nassdruck. Entscheidend sind zudem die Zurücknahme von chemischen Zusatzstoffen für die Ausrüstung der Textilien und die Verkürzung der Transportwege durch Reshoring. Darunter versteht man die Rückverlagerung von Produktionsstätten ins eigene Land.
Welche Herausforderung ist beim Recycling am größten – welche Visionen gibt es kurz- und langfristig?
Die Abstimmung mit der ganzen Lieferkette muss gelingen – alle Beteiligten müssen zuverlässig, nachvollziehbar und ganzheitlich die Prozesse mitgestalten. Wir wollen CO₂ neutral sein, bevor die Politik uns dazu zwingt. Daran arbeiten wir, hier in Oberkirch, an unserem Standort in Polen und mit unseren Partnern. Unser Anspruch ist, eine nach neuesten Techniken und Entwicklungen in den unterschiedlichsten Herstellungsstufen nachvollziehbare, ausgeglichene Energiebilanz vorweisen zu können.
Lässt sich eine positive Auswirkung auf die Umwelt durch die Verwendung von textilen Naturmaterialien anstelle von Kunstfasern konkret messen?
Das ist ein – auch unter absoluten Nachhaltigkeitsexperten – sehr umstrittenes Thema. Die Naturfaser Baumwolle verbraucht viele Ressourcen wie Wasser, Dünger, Transport. Die Kunstfaser braucht chemische Ausgangsstoffe. Prozessenergie brauchen beide. Kurz: Die Energiebilanz von Naturmaterialien versus Kunstfasern ist leider immer noch nicht geklärt. Allerdings sind unsere Forschungsinstitute intensiv dran, eine objektive Antwort zu finden, die dann hoffentlich Klarheit in der Beurteilung liefert. Ergo: Ergebnis noch offen!
Mit welchen Vorurteilen werden Sie hinsichtlich recycelter Stoffe konfrontiert. Und wie widerlegen Sie diese?
Die Sorge war und ist immer noch groß, dass recycelte Stoffe wesentlich teurer sind. Das hat sich so aber nicht realisiert. Wir haben auch festgestellt, dass wenn die mit recycelten Materialien gefertigten Endprodukte keine ersichtlichen Unterschiede aufweisen, ist Recycling erst einmal ein positives Signal.
Produktionsstandort Deutschland – worauf sind Sie stolz?
Die Entwicklung, Kreation und Produktion unserer gewebten Stoffe ist hier seit mehr als 70 Jahren in Deutschland ansässig. Es ist uns immer gelungen, hohes technisches und kreatives Know-how am Standort zu halten. Wir sehen uns als deutscher Anbieter und Hersteller von Textilien für die Inneneinrichtung unserem Standort verpflichtet. Wir stimmen uns in diesem Sinne mit unseren Lieferanten ab und tragen so Sorge, dass dies auch so bleibt.
Wird das im internationalen Umfeld anerkannt? Wenn ja, wie?
GOTS, der „Global Organic Textile Standard“ ist eines der strengsten Gütesiegel weltweit. Mit unserer Produktion in Deutschland und Europa sind wir hierfür bestens aufgestellt und können die Anforderungen erfüllen.
Und worauf achten Sie besonders, wenn die Produktion über die Landesgrenzen hinaus geht?
Das Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG) bietet mit seiner To-do-Liste eine Fülle an Maßnahmen und Informationen im Umgang mit Umweltschutz und Menschenrechten am jeweiligen Standort. Wir sind in der glücklichen Lage in der Zusammenarbeit mit unseren langjährigen, europäischen Lieferanten an diese Anforderungen einen Haken setzen zu können. In unserer Tochterfirma in Polen wird analog zu den Arbeitsbedingungen in Deutschland produziert.
www.apeltstoffe.de, www.decoteam.de
Produktion: Nicole Zweig und Justina Jarosz
Weitere Bilder und Angaben zu den Herstellern oder Produkten sind in DECO HOME Ausgabe 2/23 zu finden. Noch mehr nachhaltige Stoffe finden Sie →hier