Sie gelten als die edelsten unter den Textilien und Jahrtausende lang hüteten die Chinesen das Geheimnis ihrer Herstellung: Seide. Wir erklären, wie das begehrte Luxusgewebe nach Mitteleuropa kam und wie es noch heute entsteht.

Seide gehört, wie die Wolle, zu den tierischen Faserstoffen. Sie ist die einzige in der Natur vorkommende textile Endlosfaser und wird aus den Kokons von Seidenspinnerraupen gewonnen.

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Was Seidenstoffe so besonders macht

Seide glänzt, ist relativ reißfest und wirkt sowohl gegen Kälte als auch Wärme isolierend. Außerdem kann sie bis zu einem Drittel ihres Gewichtes an Wasser aufnehmen und in vielen leuchtenden Farben eingefärbt werden. Da die Eiweißstruktur der Seide jener unserer Haut ähnelt ist sie besonders hautverträglich. Seide ist empfindlich gegenüber Abrieb, hohe Temperaturen sowie Wasserflecken. Weltgrößter Produzent für Rohseide ist China vor Indien, Thailand, Japan und Brasilien.

Wie die Seide nach Europa kam

Schon im alten China war Seide bekannt, so dass bereits zum Beginn unserer christlichen Zeitrechnung ein reger Fernhandel mit chinesischer Seide bestand, die über den Seeweg nach Indien und Ägypten bis ins Römische Reich gelangte. Als Landweg diente die Seidenstraße.
Obwohl es bei Todesstrafe verboten war, Raupen oder Eier außer Landes zu bringen, schmuggelten im Jahr 555 zwei persische Mönche einige Eier nach Konstantinopel. Mit diesen sowie dem Wissen über die Aufzucht von Seidenspinnern wurde nun auch die Produktion von Seidenstoffen außerhalb Chinas möglich.

Ab dem 12. Jh. war Italien führend auf dem Gebiet der europäischen Seidenproduktion. Über den Brennerpass gelangte das edle Gewebe nach Mitteleuropa. Bedeutende Zentren der Seidenindustrie entwickelten sich in Zürich, Lyon und Krefeld.

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Die verschiedenen Schichten des Kokons

Die oberste Schicht des Kokons besteht aus kurzen wirren Fasern, die abgezupft oder abgekämmt werden bis der Anfang des etwa 1000 m langen wertvollen Mittelteils, die Haspelseide, gefunden ist. Nun werden fünf bis 30 Kokons zugleich abgehaspelt. Diese nur leicht miteinander verwundenen Fäden nennt man Grège oder Ecru-Seide.

Diese Rohseide ist beige und noch relativ glanzlos, denn damit die Seidenfäden zusammenhaften umgibt sie der sogenannte Seidenleim. Dieser wird durch Kochen in Seifenwasser entfernt. Nun erst werden die Seidenfäden geschmeidiger und glänzender. Die komplett entbastete Seide heißt Glanz- oder Cuite-Seide. Sie wird zu den teuersten Seiden – Seidendamast, Atlassseide oder Seidenduchesse – verwebt.

Die inneren 2000 m, die wiederum öfter reißen wandern in die Schappe- oder Bourette-Seiden-Spinnerei. Sie wird grob gesponnen, ist stumpf und hat viele Noppen.

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Aus Maulbeerseide: On the Rocks von Zimmer + Rohde

Je nach Webverfahren oder Behandlung entstehen viele unterschiedliche Seidenqualitäten. Typische Seidenstoffe sind u. a.: Brokat, Ballon- bzw. Fallschirmseide, Damast, Crêpe Satin, Dupioseide, Duchesse, Georgette, Organza, Satin oder Atlas, Taft, Seidentwill oder Waschseide.

Die tierfreundlichere Variante

Die meisten Seidenraupen ernähren sich von den Blättern des Maulbeerbaumes. In Drüsen im Maul produzieren sie den Seidenfaden und legen ihn zum Verpuppen in Schlaufen um sich herum. Damit sie die Kokons nicht zerbeißen, werden sie vor dem Schlüpfen in heißem Wasser getötet. Nur für die Gewinnung von Wild- oder Dupion-Seide werden die Kokons bereits geschlüpfter Schmetterlinge verwendet. Der Faden dieser Kokons ist daher in mehrere Teile zerrissen. Beim Verweben werden die Fäden verdickt wodurch eine unregelmäßige Textiloberfläche entsteht.

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Boutique von Christian Fischbacher zeigt ein klassisches Toile de Jouy Muster

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