Der Toile de Jouy ist der vielleicht französischste aller Stoffe. Sein Dekor zeigt kupferstichartige Bilder auf farbigem oder weißem Fond. Dabei wehrte man sich anfangs gerade in Frankreich entschieden gegen die neuartigen Baummwolldrucke.

Toile de Jouy „Balleroy“ mit Szenen verliebter Paare von Manuel Canovas geht auf ein Dokument aus dem 19. Jahrhundert zurück

Ursprünglich kam der Toile de Jouy aus Indien

Portugiesische Seefahrer brachten im 17. Jahrhundert bunt bedruckte Baumwollstoffe aus Indien mit, sogenannte „Indiennes“, die schnell in Mode kamen. Sie waren so farbenprächtig wie bislang nur Seidenstoffe und dabei wesentlich pflegeleichter. Zum Schutz der französischen Seidenindustrie verbot Ludwig XIV. infolgedessen die Einfuhr von Baumwollstoffen. 1759 wurde dieses Verbot aufgehoben. Die riesige Nachfrage und der Mangel an eigenen Fachkräften führten dazu, dass ausländische Kattuntextilarbeiter nach Frankreich kamen.

Vorhang und Tapete dieser Suite im Hotel du Château du Grand-Lycé zeigen Dessin „Jardins du Luxembourg“ von Manuel Canovas. (Foto: Adam Lynk)

Eine deutsche Erfolgsgeschichte in Frankreich

Im Jahr 1770 produzierten die beiden bayerischen Brüder Christophe-Philippe und Frédéric Oberkampf in dem kleinen Ort Jouy-en-Josas, unweit von Versailles, die ersten Toiles im Kupferplatten-Druckverfahren. Sofort wurden diese „Stoffe aus Jouy“ ein Hit: 1783 verlieh Ludwig XVI. der Manufaktur Oberkampf den Titel Manufacture Royale.

Chinesische Pagoden, Brücken und Figuren in Jadegrün auf weißem Grund zeigt „Amazing Garden“ von Chivasso
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"Velocipedia" von Hodsoll McKenzie aus der Kollektion 1851 zeigt eine moderne kolorierte Interpretation der klassischen Motive
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Neben Fremdländischem illustirerte der Toile de Jouy das Zeitgeschehen

Typische Toile de Jouy-Dessins am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts sind Schäferszenen, Pompeji-Motive oder Chinoiserien sowie geschichtliche Ereignisse wie der Flug des ersten Heißluftballons oder Impressionen aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Bis heute sind Toiles de Jouy als Deko- und Bezugsstoffe oder Wandbespannungen nicht aus der Inneneinrichtung wegzudenken und werden auch modern interpretiert.

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Neben Stoffen sind Toiles de Jouy-Szenerien beliebte Tapetendessins: Elefant, Löwe und Kamel tummeln sich auf „Versailles Grand“ von Cole & Son
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Und auch die Mode hat diese Stoffe gerade wieder für sich entdeckt, wie beispielsweise in der Herbst-Winter-Kollektion 2019/2020 von Dior zu sehen ist
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Noch mehr Spannendes und Wissenswertes über Stoffe erfahren Sie im Textil-Lexikon ABC der Stoffe und in allen anderen Artikeln aus der Serie Stoffkunde.