Dank ihm hält der Hedonismus Einzug in die deutsche Innenarchitektur: Einrichter Frank Stüve verriet unserer Autorin Fredericke Winkler beim Besuch in seinem Showroom, wie er es schafft, Spontaneität zu planen.

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Papageien-Tapete „Arini“ mit goldenem Fond von Matthew Williamson für Osborne & Little

Wenn der Showroom von Frank Stüve eines nicht ist, dann zurückhaltend! Mit sinnlichem Genuss wird das mondäne Italien flankiert von asiatischen Möbeln, während die Muster geradewegs aus einem südamerikanischen Urwald entsprungen zu sein scheinen. Doch obwohl die Räume so spontan wirken, merkt man sofort, dass Stüve nichts dem Zufall überlässt.
Deckenleuchten, Steh- und Tischlampen erfüllen ein harmonisches Lichtkonzept, selbst die Reflexion der subtil glänzenden Teppiche wurde bedacht. Eine Komposition aus Beistelltischen, Poufs und Lehnstühlen schafft verschiedene vertikale Ebenen. Der Stil ist männlich und weiblich zugleich: Weiche und harte Oberflächen wechseln sich ab, ebenso wie glänzende und matte.

„Untypisch sind sicher meine Farbkombinationen, die ein wenig so aussehen, als hätte sie ein Geisteskranker gemacht“

Einrichter Frank Stüve

 

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Die Farben des Kunstwerks von Axel Geis werden vom Arflex-Sofa aufgegriffen und von Paravent und Kissen aus „Capucin“ von Misia konterkariert

Stüves Königsdisziplin ist die Farbe und seine Räume sind eine Hommage an jede ihrer Nuancen. „Wichtig ist, eine Farbe die Hauptrolle spielen zu lassen“, erklärt er. Daher sei das Farbkonzept immer der Ausgangspunkt: „Wir legen es schon im Grundriss an. Dadurch bekommt man ein Gefühl für die Temperatur jedes Raumes.“ Als ehemaliger Florist weiß Frank Stüve die wilde Farbenpracht der Natur in eine neue Ordnung zu bringen. Und er zieht diese Analogie auch im Gespräch, wenn er erklärt, dass es nichts Langweiligeres gibt als einen Strauß in Weiß und Rot. Kombiniert man aber Rot und Pink, passiert etwas.

„Farben bringen Leben, durch sie entstehen wortwörtlich Lebensräume.“

 

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Gubis „Beetle Dining Chairs“ säumen Esstisch „Plinto“ von Meridiani

Stüve arbeitet bei Lederleitner in Wien, als ihn Kunden immer öfter um Beratung in Einrichtungsfragen bitten. 1999 folgt er dem Angebot von Gisela von Schenk und eröffnet mit ihr gemeinsam einen Konzepthandel in Berlin, die Villa Harteneck. Als sie den Showroom 15 Jahre später aufgegeben, beschließt Stüve, von nun an ausschließlich einzurichten. Irgendwann aber stellt der Designer fest, wie wichtig es ist, Kunden in einer anregenden Umgebung zu beraten, und richtet in seinem Studio, in dem er mit sieben Mitarbeitern etwa sechs Projekte im Jahr realisiert, wieder einen Showroom im kleineren Maßstab ein. „Hier traut sich der Kunde mehr Farbe zu, weil er sieht, dass es funktioniert. Man muss die Dinge vorleben.“ Vorleben beruht übrigens für ihn auf Gegenseitigkeit.

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Sessel-Duo im Missoni-Look von Versmissen, Tischleuchten von House Doctor

Häufig erlebe er die Branche anders, etwa wenn Architekten die Funktionsplanung nicht allzu ernst nehmen, sagt Stüve. „Man hatte ursprünglich den Wunsch nach einer großen Sofalandschaft und am Ende ist das Wohnzimmer so klein, dass nur eine Eckcouch reinpasst.“ Ob solche Missplanungen auch Ergebnis einer kargen Kultur der Innenarchitektur in Deutschland sind? „Einen Einrichter zu beauftragen, war früher eher ein Zeichen für fehlenden Geschmack. Das ändert sich gerade“, stimmt Frank Stüve zu und erzählt, dass einige Kunden erst selbst Hand anlegen, um dann zu merken, dass professionelles Interiordesign ihr Haus deutlich aufwertet.
Nehmen wir die Einrichtungstextilien, denen in Stüves Showroom ein eigener Raum gewidmet ist. Hier bilden ausgewählte Musterbücher ein Arsenal an Möglichkeiten. Stüves bevorzugte Marken? „Dedar trifft immer den Zeitgeist. Jim Thompson hat wunderbar ausgearbeitete asiatische Themen. Osborne & Little ist immer dabei. Création Metaphore machen irrsinnig gute Farben. Auch die Palette von Loro Piana hat mich überrascht und die Qualitäten sind bestechend bei guten Preisen.“
Und genauso wenig wie man unter den Marken in seinem Showroom einen deutschen Namen findet, würde man Stüves Stil auch nicht auf Anhieb als deutsch bezeichnen. „Untypisch sind sicher meine Farbkombinationen, die ein wenig so aussehen, als hätte sie ein Geisteskranker gemacht“, kokettiert er. Es geht ihm um Kontraste, die man in Deutschland eher vermeidet. Und an welcher Stelle ist Frank Stüve trotz allem typisch deutsch? „Bei mir ist ein Wort ein Wort, manchmal vielleicht etwas zu direkt.“

www.frankstueve.com 
Fotos: Line Klein
Diese Wohngeschichte erschien erstmals in Ausgabe DECO HOME 2/19.

 

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Die Tapete von Arte wird durch Bilder ausbalanciert. Schreibtisch von Meridiani mit einer Tischleuchte von Contardi

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Schreibtisch von Dom Editioni, gepolsterter Sessel von Casa Milano, Tischleuchte von Casa Milano

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Auch die Auswahl der Accessoires wie Porzellanservice „Colour“ von Reichenbach übernimmt das Team von Frank Stüve