Im Herzen Mailands schufen eine begehrte Selfmade-Floristin und ein Textilunternehmer ihre entspannte Oase für die Familie. Welche Wohn- und Designelemente Lena Rasch besonders aufblühen lassen, erfahren Sie hier.

„Unter uns: Als ich zum ersten Mal über das Blumenbusiness nachdachte, kamen mir gleich diese verstaubten Konzepte, die ich aus Deutschland kannte, in den Sinn. Wo dann am besten noch so ein kleiner Teddybär ins Bouquet gestopft wird.“ Dass das nicht der Plan sein konnte, wusste Lena Rasch sofort. Die Arrangements, die sie heute mit ihren beiden Kolleginnen für das Studio White Pepper entwirft, firmieren nicht nur fernab von Teddybären und Holzschmetterlingen, sondern auch von den Dolce-&-Gabbana-Blütenorgien, an denen sich Mailands Eventszene noch vor einigen Jahren orientierte. „Mich interessiert Design und was es für Materialien gibt. Was in der Welt passiert und wie sich die Dinge verändern. Das bringen wir auch in die Blumen rein.“

 
 
 

Diese neugierige Leichtigkeit prägt auch das dreistöckige Apartment unweit der belebten Via Paolo Sarpi, das die Floristin seit einem Jahr mit Ehemann Giovanni sowie den Zwillingen Bianca und Camilla bewohnt. Dank des beherzten Perfektionisten an ihrer Seite mutet es allerdings noch reduzierter an als Lenas kreatives Wechselspiel zwischen Pampasgras und handbemalten Anthurien.

 
 
 

Die gebürtige Deutsche hatte in München Mode studiert und ihren Mann bei der Arbeit in China kennengelernt. Anschließend ging sie mit ihm nach Lugano, wo sie Events für einen Pharmakonzern organisierte. Ein Zuhause fand das Paar dann in Mailand. Und wo, wenn nicht hier, sollte man den Mut fassen, seinen gestalterischen Energien Raum zu geben? Nach der Initialzündung mit einem Rebranding-Event des italienischen Westwing-Ablegers vor drei Jahren zählen heute auch Marken wie Louis Vuitton zu den Kunden des White Pepper Studios. Die drei Gründerinnen waren früh dran mit ihrer Idee, Mode und Design in Pflanzen- arrangements zu übersetzen.

Aber wie sieht das eigentlich aus? „Wenn ich mir die Farben in der Mode anschaue, sieht man jetzt wieder viel Rot, Rosa, viel- leicht mit ein bisschen Orange. Das nutzen wir dann in den Sträußen und Gestecken, damit die Palette frisch ist. Wir haben auch den Trend aufgegabelt, die Blüten selbst anzumalen, und arbeiten zudem sehr viel mit Trockenblumen – das ist in Deutschland ja nun auch ganz groß“, erklärt Lena.

Wenn die Welt nicht gerade aus den Angeln gehoben ist, sind sie und ihr Mann viel unterwegs. Daher finden sich in ihrem Mailänder Refugium nur unempfindliche Grünpflanzen wie ein paar Kentia-Palmen oder jene Trockengestecke, die die Floristin gern für andere fertigt. Allein im Garten dürfen Oliven, Rosmarin & Co. mediterran wuchern. „Den getrimmten Buchsbaum kann ich mir hier in Italien nicht pflanzen“, erkennt sie amüsiert. Und doch wird die Floristin von der ordentlichen Handschrift geprägt, die man ihren Landsleuten hartnäckig nachsagt. In einem Arrangement ihrer Businesspartnerin Cristina gehe es sehr viel zufälliger zu. „Bei mir hat schon alles seinen Sinn.“

„Durch die großen Fenster im Wohnzimmer können wir die Bienen draußen sehen. Es ist unsere Oase.“

So sind auch die Farben im Haus fein aufeinander abgestimmt, es muss zusammenpassen. Daher würde die Hausherrin auch nicht auf die Idee kommen, eine Antiquität der Uroma ins Kinderzimmer zu stellen, weil man die aufheben muss. Und wenn ein Bild einen Zentimeter zu weit links hängt, wird etwas dagegen unternommen. Streng wirkt hier dennoch nichts. Das Design ist mit seinen gedeckten Grau- und Blautönen, vielen Glas- und Holzelementen auf Entspannung ausgelegt. „Wir sind in Mailand, es geht extrem hektisch zu. Aber wenn wir zu Hause sind, ist das anders. Durch die großen Fenster im Wohnzimmer können wir die Bienen draußen sehen. Es ist unsere Oase.“

Dass Lena und Giovanni mit zwei kleinen Töchtern hier leben, hatte kaum Einfluss auf ihre gestalterischen Wünsche. Die Wände sind abwaschbar und die Küche wurde nicht wie so oft in modernen Raumplänen mitten im Wohnzimmer verortet. Doch ästhetische Fragwürdigkeiten wie Treppengitter sucht man hier vergeblich. So müssen die Sprösslinge auf den massiven Eichenstufen genauso vorsichtig sein wie auf dem Segelboot, auf das sie von Anfang an mitgenommen wurden. „Das ist auch nicht kindgerecht“, meint Lena. Viel wichtiger scheint es, Leidenschaften gemeinsam und entschieden zu leben. Geradlinig eben, mit einer guten Portion Gelassenheit.

www.whitepepper.it

Styling: Benedetta Rossi / Fotos: Monica Spezia

Diese Wohngeschichte erschien erstmals in der DECO HOME Ausgabe 02/2021.