Dank Jonathan Rachman ist die Designszene deutlich bunter geworden. Der Inneneinrichter spart weder an Farbe noch an Herz und Humor. Davon darf es (fast) immer etwas mehr sein.

Jonathan weiß, dass er Designregeln bricht – und das sogar liebend gerne. Bild: Aubrie Pick Photography

Jonathan Rachman wurde in der Lampung Provinz in Sumatra, Indonesien, geboren. Seine Ausbildungszeit in der Schweiz und seine zahlreichen Deutschland-Besuche haben ihn darin bestärkt, dass traditionelle und moderne Elemente koexistieren können. Der emotionale Sammler und Designer findet sich auch im trendigen Grandmillennial-Style wieder, lässt sich jedoch nicht auf diesen farbenfrohen, epochenübergreifenden Stil reduzieren. Antike Stücke, darunter am liebsten Spiegel, ertrüffelt Jonathan auf versteckten Flohmärkten. Sollte er einen sachdienlichen Hinweis zu einer bezahlbaren Athena-Büste bekommen, würde er seine Lieblingsadressen wohlmöglich verraten.  Jonathan’s Tipps zur Raumgestaltung gibt er hier aber ganz ohne Gegenleistung.

Sollte es in einem üppig ausgestatteten Zimmer einen Fokuspunkt geben oder sehen Sie eher den gesamten Raum als Kunstwerk?

Das kann man nicht nach Schema F beantworten. Man muss sich über die Raumbeschaffenheit, die Proportionen und darüber, was man mit Interiordesign erreichen möchte, im Klaren sein. Denn die Frage ist: Welche Geschichte soll dieses Zimmer erzählen. Kommt sie besser rüber, wenn sich der Blick auf ein Detail richtet oder würde eine Einzelkomponente eventuell die Schönheit des Gesamtbildes schmälern? Sie sind der Storyteller, lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf!

Bild: Suzanna Scott Photography

Welche Muster, Farben und Materialien empfehlen Sie bei der Auswahl von Teppichen und Möbeln in Räumen mit Chinoiserie-Tapeten? Kann man im Vorhinein Kombinationsfehler vermeiden?

Auch wenn ich das Interiordesign natürlich auf den Geschmack meiner Kunden abstimme, bin ich eher Maximalist. Kontraste und Mustermixe haben eine beeindruckende Wirkung. Jedes einzelne Element, also Farbe, Muster, Ausmaß und Stil, sollte mit Selbstbewusstsein eingesetzt werden. Aber auch hier ist es wichtig, das Endergebnis vorab zu visualisieren: Je mehr, desto besser? Monochromatisch? Beruhigend? Thematisch oder historisch stringent? Der größte Fehler ist, sich selbst untreu zu werden. Der Versuch, ein fremdes Design zu imitieren, führt selten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.

Jonathan sieht sein Design als eine Mischung aus Grandmillenial Style, Maximalismus, Old School und Klassizismus. Bild: Douglas Friedman

Wenn Sie für den Flurbereich ein Feature – Tapete, Farbe, Möbelstück etc. – auswählen müssten, das den Eingang am meisten in Szene setzt … welches wäre es?

Eine Tapete! Meine Lieblingsmanufaktur ist de Gournay: Die Gestaltungsmöglichkeiten sind dank Handarbeit unendlich. Die Auswahl reicht von klassischen Mustern über seidene und handbestickte Exemplare bis hin zu wahren Kunstwerken, die mit Perlen und Pailletten besetzt sind. Was für ein großartiges Statement! Allerdings – und davor sei an dieser Stelle gewarnt – könnte die falsche Wahl wirklich schaden. Jedoch steht der Spaß immer im Vordergrund. Lassen Sie es krachen! Alternativ schaffen  Farbe oder Stoffe schöne, aber etwas zurückhaltendere Wow-Effekte.

Der Flur verrät viel über den Stil eines Zuhauses – oder macht neugierig auf das, was vorerst nicht zu sehen ist. Bild: Douglas Friedman

Welche Tipps haben Sie für die optimale Inszenierung eines Kamins? 

Einen Kamin zu schmücken, kommt dem Ankleiden einer Person ziemlich nahe. Jede häusliche Feuerstelle hat ihre eigene Persönlichkeit, verkörpert durch Architektur, Material, Stil und Epoche. Genauso wie es Ihnen Ihr menschliches Gegenüber übelnehmen würde, wenn Sie es einer Schublade zuordnen, wird Ihr Kamin auch nicht Feuer und Flamme für eine Pauschalisierung sein. Ein Kamin sieht mit einem Spiegel im Louis Philippe-Stil bezaubernd aus, ein anderer benötigt zur vollen Entfaltung seiner Schönheit moderne Kunst(-objekte). 

Auch bei Kaminen gilt: weder „Overdressed“ noch „Underdressed“ ist ideal. Jedes Exemplar verdient ein maßgeschneidertes Outfit. Bild: Suzanna Scott Photography

Verbrennt man sich an bestimmten Stilmitteln in der Küche garantiert die Finger?

Im Prinzip bin ich dagegen, den Gestaltungsfreiraum einzuschränken. Gerade in Küchen gibt es viele Möglichkeiten großartiges Design mit Funktionalität zu verbinden. Dennoch bleibt die Küche, was sie ist. Deshalb muss sie selbstverständlich hygienischen Standards entsprechen. Die Materialien sollten gut zu säubern sein. Im Vorhinein ist es empfehlenswert, sich darüber zu informieren, wie beispielsweise Marmor und Kupfer im Zusammenspiel mit bestimmten Elementen reagieren. Wenn das Herz vieler Haushalte zwar toll aussieht, aber nicht sauber zu halten ist, nutzt sich auch der Glanz schnell ab. 

Dass Jonathan besonders auf Sauberkeit achtet, führt er auf seine Schweizer Wurzeln zurück. Bild: Douglas Friedman

Antiquitäten und moderne Stücke in einem Zimmer – gibt es ein ästhetisch optimales Verhältnis oder sollten epochale und geografische Stringenz bewahrt werden?

Niemand möchte in einem Museum leben! Oder in einer Zeitkapsel! Ich bin großer Fan davon, zu mischen – antik und modern, alt und neu, Vintage und andere Perioden. Wer sich zu sehr einengen lässt, büßt angenehmes Wohnambiente ein. Es gilt immer zwischen bewahren und erneuern, aufwerten oder renovieren abzuwägen. Die Antwort ist also ja zum Mix. Ein großes JA, um genau zu sein – wer unsicher ist, sollte sich gerade bei diesem Thema von einem professionellen Einrichter unterstützen lassen.

„Wenn man nicht gerade einen Palast restauriert, ist der Epochen-Mix ein tolles Stilmittel, um die Räumlichkeiten lebendig zu machen“, so Jonathan. Bild: Suzanna Scott Photography

Mehr über Jonathan Rachman unter www.jonathanrachman.com