Gut Ding kann auch mal Eile haben, bewies Interiordesignerin Fabienne Boé de Pirey mit diesem Pariser Stadthaus. In nur drei Monaten richtete sie ein Zuhause ein, das chic ist, aber mit bewussten Stilbrüchen gleichermaßen cool.


Fabienne Boé de Pirey bezeichnet ihre Arbeit bei einem französischen Privatsender als außerordentlich hilfreich für ihre Karriere. Nach dem Architekturstudium an der renommierten Pariser École Boulle und einer weiteren Ausbildung in Inneneinrichtung bekam die Interiordesignerin die Gelegenheit, bei einem Realityformat à la „Mein Traumhaus“ mitzuwirken. „Pro Woche musste ich zwei komplette Einrichtungen gestalten – ziemlich sportlich“, erzählt sie fröhlich. „Im Nu musste ich mich in die unterschiedlichsten Wohnungsbesitzer einfühlen, ihre Wünsche und Erwartungen herausfinden und diese optimal umsetzen.“

Der lange Weg zum Paris Style

Wie etwa für das Pariser Ehepaar mit zwei halbwüchsigen Kindern, für das Fabienne ein dreistöckiges Haus mit insgesamt 320 Quadratmetern Wohnfläche einrichtete. Nach einer langen Suche fanden sie 2013 in einer ruhigen, von Bäumen gesäumten Seitenstraße unweit des Eiffelturms ein Anwesen aus dem Jahr 1870. Mitsamt des charmanten kleinen Innenhofs und Gartens schien es in einen tiefen Dornröschenschlaf versunken. Die junge Familie verliebte sich auf Anhieb in das Schmuckstück, kaufte es und ließ es behutsam renovieren. Allerdings wollte man zügig einziehen. Gerade mal drei Monate hatte Fabienne also Zeit, um dem Gemäuer neues Leben einzuhauchen.

An Zeitdruck gewöhnt, nahm sich die Designexpertin als Erstes die Kellergewölbe vor. Die gespenstisch anmutende Düsternis dort bot die ideale Spielwiese für ihre große Leidenschaft: Beleuchtung. „Mit Licht kann man jede Stimmung erzeugen oder unterschiedliche Größen simulieren“, erklärt Fabienne. Umgekehrt könne eine ungünstige Beleuchtung geradezu körperliches Unwohlsein erzeugen. Sie entschied sich für ein System aus verschiedensten Lichtquellen und verwandelte den ehemaligen Keller in ein helles Untergeschoss, das heute ein eigenes Kino beherbergt plus kleiner Küche und gemütlicher Sitzecke.

Einzelstücke, Designerstücke, Fundstücke

Die Besitzer wollten einerseits den Gründerzeit-Charakter des Hauses bewahren, andererseits ihren zeitgemäßen Lebensstil zum Ausdruck bringen. Also mixte de Pirey moderne und antike Einzelstücke mit Designermöbeln und Fundstücken vom Flohmarkt. Und während im Treppenaufgang honorige Herrschaften früherer Epochen aus goldenen Rahmen auf die Bewohner blicken, dominiert an den Wänden in den Wohnräumen moderne Kunst: Großformatige Fotos mit der jungen Brigitte Bardot auf einem polierten Motorrad und den Chansonniers Jane Birkin und Serge Gainsbourg lassen den Geist der Swinging Sixties wieder aufleben. Accessoires wie eine Jugendstil-Lampe oder ein Tisch aus der Memphis-Ära provozieren gekonnte Stilbrüche.


Die Hausbesitzer sind mit dem Ergebnis überaus zufrieden, Fabienne beinahe auch. Nur die Küche hätte sie gerne noch großzügiger gestaltet. Da wären allerdings aus statischen Gründen größere Umbauten nötig gewesen und dafür blieb – erst mal – keine Zeit. Aufgeschoben, sagt Fabienne, sei nicht aufgehoben, die Küche wartet noch auf ein neues Rezept (und wird deswegen noch vor uns verheimlicht).

Info: Agence Intérieurs, agence-interieurs.format.com
Text: Doro Bitz-Volkmer // Fotos: Gianni Franchellucci/Photofoyer

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