Einmal alles umkrempeln – daran führte für Anne Geistdoerfer und Flora de Gastines kein Weg vorbei. Als die beiden Interiordesignerinnen zum ersten Mal das viergeschossige Haus am Montmartre betraten, erkannten sie sofort sein Potenzial.
Stellten aber fest: Wenn eine fünfköpfige Familie hier leben soll, bedarf es einer radikalen Transformation. Familiären Charme versprühte das Haus aus den 1930er-Jahren keineswegs. Ein musizierender Junggeselle hatte es zuvor bewohnt und die insgesamt 200 Quadratmeter recht genügsam genutzt. Selbst die Dachterrasse war vernachlässigt und hatte keinerlei Verbindung zu den restlichen Räumen – aus heutiger Sicht unvorstellbar.
Doch wo fängt man da an? Wie geht man vor? Anne Geistdoerfer und Flora de Gastines haben dafür ein feinsinniges Gespür: „Uns fällt es leicht, durch Wände zu sehen, und schnell entstehen Ideen, was man alles verändern kann.“ Und so ließen sie die Spiele am Zeichenbrett beginnen. „Wir verschieben Räume über alle Stockwerke hinweg, loten Optionen aus, kalkulieren den nächsten Schachzug.“
Seit nunmehr 15 Jahren realisieren sie mit ihrem Architektur- und Interiordesignstudio Double G Projekte aller Art, setzen dabei auf lebhafte Formen, satte Farben und kreieren diesen unaufgeregt-lässigen Look des Savoir-vivre. Dass sie die Klaviatur der Stile beherrschen, ist kein Zufall – beide blicken auf Stationen bei namhaften Interiordesignern zurück und lernten sich während ihrer Zeit bei der Grande Dame der Branche, India Mahdavi, kennen.
Erfahrung und Expertise kamen Geistdoerfer und de Gastines auch bei diesem Projekt zugute. Es galt, vier Schlafzimmer zu integrieren und gleichzeitig große, zusammenhängende Innen- und Außenräume zu erhalten. Dazu durfte kaum ein Stein auf dem anderen bleiben und so beherbergt das Erdgeschoss nun das Badezimmer für die Kinder, einen Wasch- und einen Gästeraum, in der Etage darüber die drei Kinderzimmer mit einer Toilette. Das zweite, von Licht durchflutete Stockwerk wartet mit einer zum Wohnzimmer offenen Küche auf, einem Wohnbereich samt Erkerfenster mit Blick auf den Clos-Montmartre sowie der Mastersuite mit integriertem Bad.
Die Ebenen darüber stellten die Profis vor die größte Herausforderung: „Wir mussten eine elegante Lösung finden, wie wir die nahezu isolierten Dachflächen verbinden konnten. Lange suchten wir deshalb nach der richtigen Wendeltreppe, um zu diesem kleinen Paradies hochsteigen zu können.“ Fündig wurden sie beim Pariser Antiquitätenhändler Philippe Lachaux. Ein Kunstgriff, der nun den Weg zur Lese-Lounge im Mezzanin ebnet und zu den zwei Dachterrassen des obersten Stockwerks führt. Ein krönender Abschluss in mehrfacher Hinsicht: Sie beherbergen eine Outdoor-Küche aus unbehandeltem Holz mit überdachtem Essbereich und eine gut gepolsterte Lounge-Ecke. Besser kann man dem turbulenten Treiben des Montmartre wohl kaum entsteigen.
Text: Andrea Härter / Fotos: Nicolas Mathéus/Basset Images / Styling: Laurence Dougier