Der international agierende, vielfach ausgezeichnete Architekt und Designer Hadi Teherani wohnt seit seinem sechsten Lebensjahr in Hamburg. Noch gar nicht so lange beschäftigt er sich intensiver mit dem Reichtum von Kultur und Landschaft seiner Heimat Iran und entdeckte, dass einiges, was wir heute in Europa schätzen, dort schon vor weitaus mehr als 1000 Jahren praktiziert wurde. Ein Gespräch über selbstgemalte Tapeten, Klinkerbauten und warum er zuletzt zum Softie wurde.

Herr Teherani, Sie kamen als Schulkind aus dem Iran nach Hamburg. Wie sah die Wohnung aus, in der Sie mit ihren Eltern damals lebten?
Die war eigentlich genauso eingerichtet wie deutsche Wohnungen. Was vielleicht bei persischer Einrichtung anders ist, sind die gemusterten Teppiche: Davon gibt es oft mehrere, manchmal flächendeckend.

Welche Unterschiede sehen Sie sonst noch zwischen der deutschen und persischen Lebenskultur?
Im Iran ist das Kochritual zeitintensiver. Reis zum Beispiel wird einen Tag vorher gewaschen und dann in Salzwasser eingelegt. Zum Dämpfen kommt er schließlich unter Frotteehandtücher. Und dann ist da noch etwas, was ganz anders ist: Jeder hat Ahnung von Medizin und weiß sofort, was man tun muss, wenn es einem nicht gut geht. Es gibt Speisen, die als „kalt“ oder als „warm“ gelten. Kalte wie Tee, Reis oder Joghurt sollen beruhigend auf den Stoffwechsel wirken, warme wie Honig, Nüsse oder Fleisch dagegen anregend. Wichtig ist die Balance. Diese Erkenntnisse gehen auf den berühmten persischen Arzt und Philosophen Avicenna zurück, der vor etwa 1000 Jahren lebte. Das ist uraltes Wissen, was in den Familien immer weiter gegeben wird.

Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, dass Sie etwas gestalten möchten?
Das war in meinem Kinderzimmer. Da habe ich meine Tapete selber gemalt – ein großes Wellenmuster. Die ist heute immer noch in meinem Elternhaus.

In Blau?
Nein, es war ja in den 1970er-Jahren, also braun (lacht).

Und wie sind Sie dann Architekt geworden?
Auf meinem Zeugnis sah ich, dass Kunst das einzige Fach war, in dem ich richtig gut war. Da hatte ich immer eine Eins. Darum bewarb ich mich an der Kunstschule in Hamburg für Grafik Design und an der Hochschule für Architektur in Braunschweig. Bei beiden bekam ich einen Platz. Letztlich hat eine Münze entschieden.

Hadi Teherani Interview Mood Persien decohome.de

Das Aladagh Gebirge im Nordosten des Iran (Foto: iStock)

Eines Ihrer aktuellen Projekte ist Stoffkollektion „Contemporary Persia“ mit dem Schweizer Textilverlag Christian Fischbacher. Ist sie das Softeste, was sie bis jetzt im Portfolio haben?
Ja, das hatten wir bis jetzt noch nicht. Und ich habe dadurch wieder Interesse an meiner eigenen Kultur gefunden, in der ich ja geboren bin. Darüber bin ich sehr froh.

Kam das alleine durch die Begegnung mit Camilla Fischbacher, die ja wie Sie persische Wurzeln hat?
Nein, das war schon vor etwa zehn Jahren, als ich eingeladen wurde, im Iran Vorträge zu halten. Vorher war ich ungefähr 25 Jahre nicht dort. Dabei habe ich viele Leute kennengelernt und gemerkt, wie spannend das Land und die Sprache eigentlich sind. Ich habe diesen Reichtum an Landschaft und Kultur gesehen und erkannt, dass die Dinge, die wir hier in Europa machen, dort schon sehr viel länger so gemacht werden.

HadiTeherani CamillaFischbacher 2©Christian Fischbacher web

Zum Beispiel?
Die Klinkerbauten etwa – ich dachte immer, Klinker gehören irgendwie zu Deutschland. Aber die Perser beherrschen hoch komplizierte Konstruktionen aus Ziegelmauerwerk schon seit 5000 Jahren. Durch die Begegnung und das gemeinsame Projekt mit Camilla wurde die Entdeckung dieser Schätze wieder verstärkt. Ich hatte schon immer eine Portion der persischen Kultur in mir. Das Benehmen, die Gastfreundschaft. Aber ich dachte, ich bin eben so. Heute weiß ich, dass ich so geprägt und erzogen worden bin. Inzwischen habe ich unter anderem auch ein Büro in Teheran und fühle mich fast beschenkt mit zwei Leben. Grenzen gibt es für mich nicht.

ElkeMalek HadiTeherani CamillaFischbacher decohome.de

Wie sind Sie alle vorgegangen, um diese Schätze in eine zeitgemäße Kollektion mit Möbel- und Vorhangstoffen zu übertragen?
Wir haben uns tief in die 5000 Jahre alte Kultur gewühlt. In die Architektur der Hofhäuser mit ihren Windtürmen oder in die der beeindruckenden Kuppeln, in Landschaften, in florale Muster alter Holzparavents, in Poesie, Kalligrafie, Farben und Texturen. Vieles hat heute noch Gültigkeit und jeder Stoff erzählt eine Geschichte.

Welche denn?
Vorhangstoff „Roya“ ist sanft fließend und vom Aladagh Gebirge im Nordosten des Iran inspiriert. Die Berge mit ihrer fast unwirklichen Farbigkeit begeistern mich und wir haben den emotionalen Eindruck der Landschaft als Stoff verwirklicht. Seine Farbkontraste erinnern an Traumsequenzen. So kam er auch zu seinem  Namen, der übersetzt „schöner Traum“ bedeutet. Die subtilen Farbverläufe entstehen übrigens durch eine Mischung feiner Baumwoll-, Viskose- und Polyestergarne.

Christian Fischbacher Roya 14714 Diba 14710 Mitra 14711 Donya 14713 Dasht 14708 Tara 14712 Baran 14709 Looping 881040 Ensemble 80770 Saga 80810 P decohome.de
 
Christian Fischbacher Roya 14714 Diba 14710 Mitra 14711 Donya 14713 Dasht 14708 Tara 14712 Baran 14709 Looping 881040 Ensemble 80770 Saga 80810 P decohome.de
Christian Fischbacher Dasht 14708 Baran 14709 decohome.de
 
Christian Fischbacher Dasht 14708 Baran 14709 decohome.de
Christian Fischbacher Baran 14709 Mitra 14711 Dasht decohome.de
 
Christian Fischbacher Baran 14709 Mitra 14711 Dasht decohome.de
Christian Fischbacher Aramesh 14680 Donya decohome.de
 
Christian Fischbacher Aramesh 14680 Donya decohome.de

Schöne Geschichten, fein abgestimmte Farbigkeit und wohltuende Haptiken sind ja genau das, was wir brauchen in diesen herausfordernden Zeiten.
Ja, Geschichten, mit denen man sich identifizieren kann, weil sie die Bedürfnisse ansprechen. Textilien im Raum sind ja eigentlich auch eine Verbindung oder eine Art Vermittler zwischen der Architektur und den eigenen Emotionen.

Um nochmal zurück auf „Roya“ zu kommen – der schöne Traum … wovon träumen Sie?
Zwischen Traum und Realität gibt es bei mir gar keinen so großen Unterschied. Sobald ich von etwas träume, setze ich es um. Ich lebe meinen Traum!

Interview: Ulrike Wilhelmi

Mehr Infos: www.haditeherani.com / www.fischbacher.com