Der Teppich ist in der Mitte der Gestaltung angekommen. Weil Gemütlichkeit in windigen Zeiten immer wichtiger wird. Unsere aktuellen Lieblinge für Wohnzimmer und Schlafzimmer plus pragmatische Gestaltungstipps vom Experten.
Mittlerweile ist es den meisten klar geworden: Selbst moderne Architektur braucht textile Elemente, um eine gemütliche Stimmung und vor allem auch gute Akustik zu entfalten. In diesem Zuge wird auch der Teppich immer wichtiger. Richtig inszeniert kann er zum zentralen Element der Gesamtgestaltung avancieren. Jakob Jölle von The Rug Company gibt Tipps, wie man den Richtigen für sich findet.

Kann man einen guten Teppich online kaufen? „Ja, aber es ist schwierig. Weil der Boden oder die Lichtverhältnisse immer anders sind. Wie wirkt der Teppich bei Tageslicht oder abends mit elektrischem Licht? Auch die haptische Qualität kann man bei Online-Abbildungen nicht einschätzen, vor allem bei Materialien wie Seide. Handgeknüpfte Teppiche sind gegen den Flor viel dunkler. Schaut man mit der Florrichtung, leuchtet er mehr. Das sollte bei der Bestellung mitgedacht werden. Zum Beispiel den Flor so ausrichten zu lassen, dass der Teppich beim Eintritt in einen Raum leuchtet.“

Warum ist ein Teppich im Raum denn überhaupt wichtig? „Deutschland ist ein Land mit vielen Jahreszeiten. Im Herbst, Winter, Frühling ist er etwas sehr Gemütliches. Zudem bindet er bestimmte Möbelgruppen zusammen. Ein Sofa, zwei Sessel und ein Tisch wirken mit einem Teppich darunter gleich harmonischer. Und ein schönes Parkett drum herum kann wie ein Rahmen aussehen. Ein Kunstwerk auf dem Boden.“

 

Woran erkennt man eine gute Qualität? „Bei einem handgeknüpften Stück kann man das Muster genauso auch auf der Rückseite erkennen. Getuftete Teppiche haben hier einen harten Plastikkamm. Das hat eine geringere Produktionszeit, kann aber nie so schön werden wie Handarbeit. Das Muster kann schon auch fein gearbeitet wirken, sieht aber ein wenig stumpfer aus und fast zu perfekt. Ein handgeknüpfter Teppich hat kleine Feinheiten und Fehler, die seinen Charme ausmachen. Drei gleiche Designs nebeneinander können nie exakt gleich aussehen.“

Würden Sie empfehlen, einen stark gemusterten Teppich dezent zu kombinieren? „Nicht unbedingt! Wir sind eine britische Firma, die Engländer trauen sich sehr viel. Für uns Deutsche vielleicht zu viel – bunte Tapeten und all das. Aber es kann funktionieren. Dafür am besten Schritt für Schritt vorgehen. Entweder geht man von einem Sofa bzw. dem Stoff aus oder – wie wir es gerne haben – dem Teppich, und baut von hier aus das Arrangement auf. Gerade wenn man ein Lieblingsstück hat, lohnt es sich, damit anzufangen, egal was es ist. Ich glaube, Körper und Seele, der Mensch überhaupt, brauchen einfach ein wenig Zeit, um sich an Farbe und Muster zu gewöhnen.“

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Gibt es Materialien, die häufig unterschätzt werden, wie etwa Seide? „Seide ist natürlich ein sehr hochwertiges und teures Rohmaterial, aber es macht einen Teppich lebendig. Egal von welcher Seite man ihn betrachtet, er sieht immer ein wenig anders aus. Der Seidenfaden ist aber auch das stärkste Naturmaterial der Welt. Wir verwenden 150 bis 200 Seidenfäden, um die Fadendichte zu erreichen, mit der wir überhaupt knüpfen können. Einen Wollfaden könnte man mit den Händen zerreißen, bei Seide muss man sich richtig anstrengen, weil sie so robust ist. Natürlich ist es nicht gut, eine Salatschüssel mit Olivenöl-Dressing auf den Esszimmerteppich zu kippen. Ölflecken sind halt schwierig, das kennt man ja von der Kleidung. Aber die Haltbarkeit ist Wahnsinn. Es gibt Perser mit Seidenanteil, die viele Hundert Jahre alt sind und noch genauso schön aussehen wie damals.“

Seide also lieber nicht unter den Esstisch? „Ein Teppich ist ein Gebrauchsgegenstand. Ist ja auch Pech mit so einer Salatschüssel. Ich finde, man muss sich trauen, mit einem Teppich zu leben. Und wenn doch mal etwas passiert, dann kann eine gute Reinigung das meiste beheben.“

Was ist bei der Reinigung die schlaueste Vorgehensweise? „Dass man selbst nicht zu viel macht. Viele geraten in Panik und fangen an, den Fleck erst richtig ins Material zu reiben, oder machen ihn mit chemischen Reinigungsmitteln erst markant. Am besten, lieber gleich eine gute Reinigung oder den Händler kontaktieren. Wenn mal Rotwein oder Kaffee auf einen Teppich kommt, nicht Weißwein oder Salz hernehmen, sondern mit einem Küchentuch austupfen und großzügig mit Wasser nachfluten, damit der Fleck so weit wie möglich verdünnt wird. Dann Handtücher darauf und das Wasser machen lassen.“

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Noch nicht genug? Hier finden Sie eine Top-Ten-Liste Teppich und hier lesen Sie, wie The Rug Company in aufwendiger Handarbeit fertigen lässt.