Designer Sacha Walckhoff über seine Arbeit als „maximalistischer Minimalist“ bei Christian Lacroix Maison.
Es kann schon viel sein, ein Ambiente ganz in Christian Lacroix. Manchen vielleicht zu viel. Aber gerade darum geht es Creative Director Sacha Walckhoff: die große Geste, den Zauber, das Mehr. Seit einigen Jahren entwirft der Modedesigner auch Haute Couture für den Raum. Wir trafen ihn inmitten seiner Stoffkollektionen, um herauszufinden, was und vor allem wer hinter den Fantasien steckt.

deco_0417_046-047_interview-sacha-walckhoff-2

Modedesigner Sacha Walckhoff

Wie stellen Sie sich die Menschen vor, die ihr Zuhause in Ihrem Design kleiden?

Da gibt es so viele Möglichkeiten. Es gibt die großen Fans, die alle Räume komplett in Lacroix gestalten. Aber ich versuche, verschiedene Stile zu inspirieren. Wenn ich meine Kollektionen öffentlich präsentiere, arrangiere ich sie natürlich luxuriös, ziemlich stark, ziemlich maximalistisch. Was, glaube ich, stilistisch auch eine der großen Tendenzen für die Zukunft ist.

Das sehen wir genauso: eine Art neue Moderne.

Exakt. Allerdings liebe ich es auch, überrascht zu werden: wenn jemand mein Design auf eine Weise inszeniert, mit der ich nicht gerechnet hätte.

Fühlen Sie sich wie ein Botschafter oder sogar Rebell?

Ja, doch. Neulich habe ich in einem Magazin eine Homestory gesehen, viel Beige, wenig Farbe. Und plötzlich waren da ein paar Lacroix-Kissen. Dass Menschen mit einem klaren, minimalistischen Geschmack so ein Bedürfnis verspüren! Ich habe das Gefühl, dass sich das Fantastische oder Farbige ganz langsam seinen Weg bahnt. Eine gute Zeit für uns.

deco-home_lacroix_sacha-walckhoff_cl_pp_-_histoires_naturelles_-_birds_sinfonia_welttag-des-designs

Fantasievoller Mustermix: die aktuelle Home Collection von Christian Lacroix

„Das Fantastische bahnt sich langsam seinen Weg“

Können Sie sich erklären, weshalb gedeckte Farben wie Beige und Grau überhaupt so beliebt sind?

Ich glaube, sie sind entspannend. Viele wollen keine Reize in ihrem Zuhause. Andere wissen einfach nicht, wie man Farben kombiniert. Weil das eine sehr spezielle Fähigkeit ist.

Ist sie rein intuitiv?

Das hat schon etwas mit Instinkt zu tun. Manchmal ist es aber auch eine Frage der Erziehung oder Ausbildung. Grundsätzlich ist es eben einfacher, Beige, Weiß oder Schwarz einzusetzen. Als ob man sich zum Ausgehen zurechtmacht und etwas Schwarzes anzieht, vielleicht mit etwas Weißem darunter. Man sieht gut aus. Selbst wenn man keinen Geschmack hat. Ich glaube aber, dass immer mehr Menschen davon gelangweilt sind und mal etwas ausprobieren wollen. In verschiedenen Abstufungen.

zum Artikel: „Farben gekonnt kombinieren

Ihr Design wird oft mit Ihrer Persönlichkeit verknüpft. Können Sie das in Worte fassen?

Ja, das ist sehr leicht: Ich bin ein maximalistischer Minimalist. Wenn ich das sage, lachen erst mal alle. Aber wissen Sie, ich bin in der Schweiz ausgebildet worden und in meiner Kindheit war skandinavisches Design der große Hype. In Paris habe ich daher anfangs für sehr monochromatische Brands gearbeitet. Dass ich bei Lacroix gelandet bin, war ein Unfall. Jetzt bin ich seit fast 25 Jahren hier. Ich habe gelernt, wie man all diese komplexen Formen zusammensetzt. Aber ich bin immer noch, wer ich bin. Und ich glaube, was ich gelernt habe und was ich bin, ergibt eben einen guten Mix. Der Kontrast ist es, der alles interessant macht.

Kann die Interior-Branche von der Fashion-Branche etwas lernen – oder umgekehrt?

Sie sind sehr unterschiedlich, allein schon wegen der Intervalle. Die Modeindustrie erneuert sich mittlerweile alle drei Monate, bei der Einrichtung geschieht das innerhalb mehrerer Jahre. Das entspannt mich und auch qualitätstechnisch ist das sehr wichtig. Weil man Zeit hat, die richtigen Linien und Materialien zu finden. Man kann heute in der Modewelt oft sehen, sogar bei den großen Marken, dass die Stoffe nicht die Qualität haben, die sie haben sollten, oder der Schnitt nicht so schön ist, wie er sein könnte. Da können die Designer oft gar nichts dafür, das ist der Eile geschuldet. Ich weiß, wie das ist. Man braucht Zeit, um Schönes hervorzubringen. Und die Modeindustrie hat sie nicht mehr. Daher glaube ich, dass sie sich auf das Wesentliche besinnen sollte. Nicht mehr so viele Dinge anzubieten, sondern wieder Qualität und Know-how regieren zu lassen.

deco-home_lacroix_sacha-walckhoff_cl_pp_-_histoires_naturelles_-_jardin_des_r_ves_panoramic_2_1_2_welttag-des-designs

Florale Designs zu textilen Streifenmustern: so inszeniert Sacha Walkhoff die aktuelle Kollektion von Christian Lacroix

Das würde zumindest viel besser zum aktuellen Zeitgeist passen: dem Wunsch, Dinge zu verlangsamen, zu wissen, wo Materialien oder Zutaten herkommen.

Ganz genau. Die großen Häuser bringen mittlerweile bis zu 15 Kollektionen im Jahr heraus. Fünfzehn! Wer braucht das? Ich kaufe drei Anzüge im Jahr, nicht 15. Das ist großer Unsinn. Deswegen ist es für mich schön, heute hauptsächlich im Lifestyle-Bereich zu arbeiten. Weil das Timing mir sehr viel mehr entspricht. Man hat Zeit, sich Gedanken zu machen, Prototypen zu entwerfen und sie auch wieder zu verwerfen, wenn sie nicht funktionieren. Ich finde, das schulden wir unseren Kunden. Das ist mein Luxus.

www.christian-lacroix.com
Interview: Christina Pearce

MerkenMerken
MerkenMerken
MerkenMerken
MerkenMerken
MerkenMerken