Der Münchner Einrichter Ulrich Tredup beweist mit seinem Interiordesign besonderes Fingerspitzengefühl. In der Berliner Wohnung eines befreundeten Geschäftsmannes finden Erbstücke und Vintage-Funde auf so schöne wie moderne Weise zusammen.
Bei der Entscheidung für eine Zweitwohnung in Berlins lebendiger Knesebeckstraße riet Einrichter Ulrich Tredup seinem Freund, einem Geschäftsmann aus Hamburg, zum herrschaftlichen Vorderhaus. Der ignorierte den Rat und entschloss sich zum Kauf einer Hinterhauswohnung – und damit für wesentlich mehr Ruhe und den Blick ins Grüne. Wenn er einmal wöchentlich für Termine in die Hauptstadt komme, brauche er das dringender als prächtigen Stuck.
Die anfängliche Uneinigkeit tat der Zusammenarbeit keinerlei Abbruch, man kennt und schätzt sich seit Langem: Der Interiordesigner richtete bereits den Hauptwohnsitz des Bauherren sowie ein Objekt in München und das Ferienhaus in der Toskana ein. Das neue Projekt – 130 Quadratmeter im Berliner Altbau – realisierten sie somit schon als eingespieltes Team.
Schnell kam man überein, den in typischer Bauweise sehr schmalen Flur zu öffnen. Die abgehenden Räume, ursprünglich Küche, Bad und Kammer, wurden verkürzt und ein einladendes Entree geschaffen. „Das hat die Wohnung wesentlich verbessert“, findet der Einrichter aus München. Die alten Fichtendielen ersetzte die Berliner Firma WoodJustPerfekt durch ein Fischgrätparkett aus geräucherter Eiche, das Ulrich Tredup an charmant gealterte Böden in Pariser Wohnungen erinnert. Ideal für den Bauherrn, der eine große Vorliebe für Altbauten und Vintage-Möbel hegt.
Erbstücke wie den klassizistischen Stuhl in der Diele, die Biedermeier-Kommoden sowie gesammelte Kunstwerke brachte er in die neue Wohnung mit. Neuanschaffungen wurden dafür meist gemeinsam ausgewählt. „Das war nicht schwierig, er hat ein gutes Auge“, berichtet Ulrich Tredup. Zusammen mit dem Bauherren bummelte er durch das Vintage-Mekka Berlin. In und um die Antikmeilen Suarez-und Motzstraße spürten sie Vintage–Möbel auf und ließen sie mit Stoffen von C&C Milano, Holland & Sherry oder Lizzo neu beziehen.
Weniger zügig, aber nicht minder gezielt verlief die Beschaffung eines neuen Sofas. Der Bauherr hatte sich in ein australisches Design verliebt, dessen Fertigung und Verschiffung nach Bremerhaven mehrere Wochen dauerte. Das weit gereiste Stück fand im Berliner Zimmer Platz, in das auch die Küche verlagert wurde: ein kleinformatiger, moderner Kubus aus weißem Carrara–Marmor. „Hier wird ohnehin nicht viel gekocht und das Durchgangszimmer ist groß genug, um es als Treffpunkt nutzen zu können. Man sitzt hier sehr schön“, erklärt Ulrich Tredup die ungewöhnliche Raumaufteilung.
Der einhundert Jahre alte Esstisch aus einem Kopenhagener Auktionshaus gesellte sich nebenan zu einer weiteren Besonderheit des ebenso alten Berliner Stadthauses: einem originalen, sogar noch intakten Kachelofen.
Erst mit der Auswahl der Möbel, Polsterstoffe und Vorhänge entstand das Farbkonzept für die Wohnung. So verliebte sich der Bauherr beispielsweise in ein Kaschmirplaid von Loro Piana, auf das sich die Gestaltung des Schlafzimmers in Grau–Grün stützt. Das stimmige Gesamtbild erreichte Ulrich Tredup mit Wandfarben in Beige– und Graunuancen. Sie bieten nicht nur die ideale Bühne für Kunst und Antiquitäten, sondern lenken den Blick auch auf den wunderschönen Stuck und die expressiven Nuancen der Teppiche in Diele und Salon.
www.tredup-interiors.com
Text: Katharina Tiringer / Fotos: Andreas von Einsiedel
Diese Wohnreportage erschien erstmals in DECO HOME 2/2019.