Farbmischerin und Wohnexpertin Anna von Mangoldt erklärt, warum es einen großen Unterschied zwischen einer weiß gelassenen und weiß gestrichenen Fläche gibt, was man vermeiden sollte und warum Sie bewusst damit umgehen sollten.
Lehrstück über eine Farbe, die eigentlich gar keine ist: Nicht zufällig ist Weiß die meist gekaufte Wandfarbe in Deutschland – sie ist quasi der Werkszustand der Wand, auf den immer wieder zurückgesetzt wird. „Wir sind die weiße Wand gewöhnt und deshalb gefällt das auch vielen.“, sagt Farbexpertin Anna von Mangoldt.
Vorsicht mit reinem Weiß
Ob die weiße Wand wirken kann, hängt stark von der Oberflächenbeschaffenheit der zu bestreichenden Fläche ab. Viele wählen es mit einer Hoffnung auf eine luftig, helle Ausstrahlung. Falsch eingesetzt kann Reinweiß aber geradezu billig wirken. Zudem erscheint es im regenverwöhnten Deutschland meist eher wie ein tristes Grau. Seine Verwendung sollte daher genau wie bei allen „echten“ Farben eine Absicht definieren und keine Abwesenheit. Bei einer rein weißen Gestaltung wirken verspielte Elemente wie Stuck modern statt kitschig, aber können der monochromen Wandgestaltung die Strenge nehmen.
Alles eine Frage der richtigen Mischung
Viele Farbhersteller bieten Testtöpfchen an – gerade genug, um eine kleine Fläche damit zu bestreichen und den Wunschton in heimischen Lichtverhältnissen zu erproben. Vor allem wenn eine oder mehrere Wände in kräftigen Farben gestrichen werden, fangen abgetönte Nuancen mit Grau- oder Beige-Anteil den leuchtenden Ton besser ein als Reinweiß (etwa Pierre 013 oder Chanelle 091 in von Mangoldts Kollektion). Sie rät: Zu einer warmen Farbe wie Braun- oder Rottönen am besten auch ein warmes Weiß wählen, zu den meisten Blau- oder Grüntönen ein kühles.
Freunde der klassischen Strukturtapete können der ominipräsenten Raufaser entkommen, indem sie ein klassisches Muster wählen, etwa eine feine Weboptik.
Die Wirkung hängt von der Umgebung ab
Als ein viel gesehenes No-go zitiert die Farbexpertin farbige Fliesenböden im Bad, hart gebrochen durch eine weiße Wand oder Kacheln. Dabei gibt es nahezu alle Farben in Zusammensetzungen, die auch einer feuchten Umgebung standhalten. In minimalistischer Architektur wiederum, die auf dem Prinzip der Reduktion beruht und mit hohen Fenstern in die Natur gebaut ist, kann sogar reines Weiß die beste Wahl sein. Weil die Architektur dazu konzipiert wurde. Küchen sind der einzige Ort, wo sich Anna von Mangoldt auch eine stringente Schwarz-Weiß-Kombi vorstellen kann. „Da wirkt ein Cremeweiß wiederum schmuddelig.“
Augen auf bei der Materialwahl
Doch nicht nur Wände sollten konzeptioniert werden, sondern auch die Materialien, die den Raum wohnlich machen. Die weiße Wand mag alle Holzarten und andere Naturmaterialien wie Sisal oder Rattan. Grundsätzlich sollte es darum gehen, alle Farben im Raum auszubalancieren. „Für mich ist diese Angst vor der Dunkelheit, also auch einer starken Farbe, unbegründet. Viel problematischer ist, den größten Flächen im Haus keinen Gedanken zu schenken. Wichtig ist also nur eines – ob Sie nun ganz in Weiß dekorieren, bunt oder reduziert: Sobald es ein Konzept gibt, ist alles gut.“
Mehr zum Thema Farben und Tapete finden Sie in unserer Rubrik →Wand.