Kurz & Klar, so heißen die Bewohner der Berliner Wohnung, die mit ihren fröhlichen Farben vor allem eines verbreitet: gute Stimmung. Was wir von Herr Klar in Sachen unerwartete Farbkombinationen lernen können, plus exklusives Bildmaterial der in DECO HOME veröffentlichten Story.
Mut zur Farbe?
Es gibt einen Satz, der Mike Klar immer wieder ratlos zurücklässt: Mut zur Farbe. „Was soll das heißen?“, fragt der Berliner. Dass er Mut zur Farbe beweist, bewundern Leute immer wieder, wenn sie seine Wohnung sehen: Die Küche hat er in einem anregenden Orange gestrichen, das Schlafzimmer in Rot-Rosa-Tönen, das Arbeitszimmer in zurückgesetztem Rosa und Senfgelb, das Wohnzimmer in Bordeaux. „Viele sagen, sie würden sich das nicht trauen. Aber was ist daran mutig, eine Wand zu streichen?“
Berliner Altbautraum
Herr Klars Wohnung liegt im fünften Stock eines Altbaus im Berliner Bergmannkiez. Drei Zimmer, Küche, Bad – und immer noch dieselbe Wohnung, in die der Kommunikationsdesigner und Kunsttherapeut vor 13 Jahren zog, als er ganz frisch in der Hauptstadt angekommen war. 2016 fand sich sein Freund, der Gärtner Kevin Kurz, ein. Nun leben sie gemeinsam mit Katze Olga und Kater Caruso in ihrem farbenfrohen Gesamtkunstwerk.
„Luxuriös, aber nahbar“
Mit den raumübergreifend abgestimmten Tönen, sagt Mike Klar, ließen sich nicht nur schöne Blickachsen in der Wohnung schaffen, sondern auch eine Dramaturgie. „Mich interessiert nicht, welche Epoche ein Raum haben soll, sondern welche Stimmung er braucht.“ Die Küche ist sehr lebendig, das Arbeitszimmer sehr still, das Wohnzimmer erinnert mit seinen schweren Tönen an die repräsentativen Salons aus Mailand. „Luxuriös, aber nahbar“, sagt Klar – und eine Bühne für ausgewählte Sammlerstücke.
Minimalismus à la Herr Klar
Darunter sind viele Memphis-Objekte und eine Reihe aufregender italienischer Leuchten. Vieles findet er im Internet. „Es lohnt sich, auf den gängigen Plattformen auch mal nach Begriffen wie ‚hässlicher Stuhl‘ zu suchen.“ Regelmäßig „rette“ er Designstücke aus Haushalten, die sie nicht wertschätzen oder kennen. „Es kommt, was gefällt“, sagt der Designer. Was nicht heißt, dass das Interieur in Gefälligkeit abdriftet. Jedes Objekt hat eine Geschichte und ist im Idealfall nicht nur schön, sondern auch nützlich. „Ich glaube, da bin ich dann doch sehr Bauhaus-geprägt.“ Sein besonderer Stolz: die „Shogun Terra“ von Artemide im Arbeitszimmer, ein seltenes Stück. Die Mehrheit würde bei Minimalismus nur in Grau oder Beige denken, „aber streng genommen ist auch unsere Wohnung minimalistisch eingerichtet. Nur nicht so langweilig.“
Mut zum Charakter!
Mit seiner „kuratierten Wohnskulptur“ hat Herr Klar, wie er sich auf Instagram nennt, viele Anhänger gefunden. Will er seine Wohnung als Antithese zum vorherrschenden Skandi-Chic verstanden wissen? „Nicht unbedingt“, sagt er und lacht. „Aber ich will die Leute ermutigen und sagen: Reproduziert nicht immer das, was vorgelebt wird, sondern schaut nach, worauf ihr Lust habt. Es schadet nie, etwas mehr zu wagen.“ Mut zur Farbe also? „Ich würde eher sagen: Mut zur Stimmung. Und Mut zum Charakter!“
Text: Florian Siebeck
Fotos: Christoph Theurer
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