Sie ermöglicht raffinierte Ein- und Durchblicke und ist doch mit ihren Motiven und Ornamenten selbst schon ein Blickfang. Wir verraten woher die Spitze kommt und erklären die bekanntesten Varianten.

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Künstlerin Maggie Weldon benutzt Spitze um sie auf Keramik zu „drucken“

Die Spitze und ihr Reize

Kaum ein Textil verkörpert mehr feminine Eleganz als die Spitze. Ihr gelingt mühelos der Brückenschlag vom hochgeschlossenen Spitzenkragen für tugendhafte Hausfrauen zum aufreizenden Dessous für frivole Lebedamen. Wenig verwunderlich, dass sie gerade im Rokoko ihre größte Blütezeit erlebte – ging die Mode am französischen Königshof zeitenweise sogar soweit, den Ausschnitt von Damenkleidern bis unterhalb der Brustwarzen herunterzuziehen und diese lediglich mit etwas Spitze zu bedecken. Heute wird Spitze überwiegend für Dessous und Nachtwäsche verwendet. Derzeit ist sie jedoch in der Mode wieder so angesagt, dass fast jede Frau wenigstens ein Bluse oder Kleid daraus im Schrank hat.
Die Bezeichnung Spitze ist ein Sammelbegriff für fast alle Textilien, die nur aus Garn bestehen – oder aus Garn und Stoff. Der Begriff leitet sich vom Althochdeutschen spizza oder spizzi ab, was so viel wie Garngeflecht bedeutet. Die Gemeinsamkeit: Sie sind durchbrochen und ihre Muster ergeben sich durch Löcher unterschiedlicher Größe.

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Von der Mode inspiriert ist blumige Dekogewebe „Dentelle“ von Christian Fischbacher

Geschichte der Spitze

Spitze wird meist als Randverzierung an Kleidungsstücken, Bett- oder Tischwäsche und Dekokissen verwendet. Allerdings war ihre Herstellung so teuer, dass nur die Reichsten sie sich leisten konnten. Die erste Nadelspitze wurde im 15. Jh. in Italien gefertigt. Bis ins 17. Jh. hatten sich Mailand und Venedig als Zentren der Spitzenfertigung etabliert. Im frühen 18. Jh. löste die schnellere und billigere Klöppeltechnik die teure Nadelspitze ab. Zunehmend setzt sich Tüll als Untergrund durch in den Muster eingearbeitet oder appliziert werden. Ab Beginn des 20. Jh. gelang es Klöppel- und Lochspitze maschinell zu fertigen. Unter Spitze bekommt man heute maschinelle Bohrspitze (Lochspitze), maschinengestickte Tüllspitze, Ätzspitze oder Macramé-Spitze.

Verschiedene Herstellungsarten

Nadelspitze: Für die Nadelspitze wird das Muster frei auf eine Pergamentunterlage gezeichnet, dann die Fäden entlang der Zeichnung gespannt und das Grundgitter meist mit Knopflochstich umstickt.
Klöppelspitze: Entstand als dekorative Randerzierung an Kleidungsstücken. Um die Herstellung zu vereinfachen wurde die Spitze losgelöst vom Kleidungsstück gefertigt und die Flechtspitze entstand, denn beim Spitzenklöppeln werden mehrere Fäden mit einander und gegeneinander verdreht, verkreuzt, verknüpft und verschlungen.

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Foto: royaldesignstudio.com

Handgearbeitete Spitze

Reticella-Spitze: Kett- und Schussfäden werden aus einem Leinengrund gezogen oder Flächen ausgeschnitten. Die so entstandenen Stege und Löcher werden mit Knopflochstich umstickt, die Löcher mit diagonalen Fäden ausgefüllt und umstickt. Sie war die typische Spitze der Renaissance. Auf der Laguneninsel Burano bei Venedig wird seit dem 16. Jahrhundert Reticella-Spitze gefertigt. Als die Kunst der Spitzenstickerinnen schon fast in Vergessenheit geraten war wurde 1872 unter dem Protektorat der Königin eine Spitzenschule – die Schola di Merletti – gegründet, in der die Technik des sogenannten „punto in aria“, des luftigen Stichs (wie die Perfektion der Nadelspitze hieß) gelehrt wurde.

Brüsseler Spitze: Bezeichnet Spitzenklöppeleien für die Brüssel um 1700 ein Produktionsschwerpunkt wurde. Die „Königin der Spitze“ hatte ihre Blütezeit vom Barock bis zum Klassizismus.

Duchesse-Spitze: Ebenfalls belgischer Herkunft kam die Duchesse-Spitze Mitte des 18. Jh. auf. Sie verband Klöppel- und Nadelspitztechniken in höchster Perfektion und galt als „Fürstin der Spitzen“.

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Die britische Einrichterin Sera Hersham-Loftus ist ein großer Fan von Spitze. Als Tapete setzte sie ihr Lieblingsmotiv hier sogar Flächendecken in einem Gästebad ein

Plauener Spitze: Ist ein Qualitätssiegel für regional gefertigte Stickereierzeugnisse. Ursprünglich war es die in der Gegend um Plauen angesiedelte Veredelung glatter Baumwolle mittels Plattstich-Stickerei. Später wurde auch Tüll verwendet. Das Ziel den Stickgrund völlig zu entfernen, führte zur Erfindung der Ätzspitze. Das Verfahren zu ihrer Herstellung wurde zeitgleich in Plauen und St. Gallen entwickelt.

Sankt Galler Spitze: Die Sankt Galler Spitze ist eigentlich eine Ätzspitze, also eine Stickerei. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam fast die Hälfte aller Spitze aus der Schweiz. Im Textilmuseum St. Gallen kann bis heute ihre Vielfalt bewundert werden.

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