Historische Fragmente und das Kulturerbe Venedigs stehen im Mittelpunkt der neuen Stoffe „Frammenti Veneziani“ von Rubelli. Bei einer Kollektionsvorlage im Londonder Showroom sprachen wir mit Nicolò Favaretto Rubelli höchstpersönlich über die Geschichte einzelner Dessins und warum er selbst lieber Vorhänge statt den Sofabezug erneuert.

Neue Stoffe mit Respekt für die Vergangenheit

Über 7000 Textilien befinden sich in dem historischen Archiv von Rubelli, wobei die ältesten aus dem  15. Jahrhundert stammen. Seit dem Bestehen wird es ununterbrochen erweitert und umfasst heute Stoffe aus Europa, dem Orient, Afrika und Amerika. Gemeinsame Entwürfe mit Giò Ponti, Vittorio Zecchin oder Roberta di Camerino werden dort aufbewahrt und dienen Rubelli seither als ständige Inspirationsquelle für die Kreation neuer Kollektionen.

So auch für „Frammenti Veneziani“, die jüngste Kollektion des italienischen Unternehmens. Hierfür machte sich Rubelli auf die Suche nach besonderen Fragmenten venezianischer Stoffe und Materialien und brachte die historischen Stücke mit Hilfe von neuen Formen und Farben in die Gegenwart. Das Ergebnis ist eine Kollektion aus Samt, Seide und feinen Mustern, die allesamt die Geschichte Venedigs in sich tragen.

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Herr Favaretto Rubelli, erzählen Sie mal, was bedeutet es eigentlich in einer Stadt wie Venedig zu leben und zu arbeiten?

In Venedig leben zu dürfen ist für mich ein Privileg. Die Stadt ist schon immer mein Zuhause gewesen und ich liebe es, nach einer Reise heimzukommen. Es ist eine kleine Stadt, mit nur 15000 Einwohnern hat es nahezu ein Dorf-Charakter. Dadurch, dass alles fußläufig zu erreichen ist, mag das ein oder andere vielleicht ein bisschen länger dauern, aber die Spaziergänge entlang der Kanäle sind für mich jedes Mal so entspannend und inspirierend – es begeistert mich von Tag zu Tag.

Sofa Polsterstoff Rubelli decohome.de

Das Sofa ist mit dem puderfarbenen Cord „Dandy“ bezogen, die Fenster umrahmt der geblümte Stoff „Sally“

Was inspiriert Sie an der Stadt am meisten? 

Was mich an Venedig so fasziniert, ist der Dialog zwischen dem Alten und dem Neuen. Hier gibt es so viel Kultur zu entdecken, denke man an all die Ausstellungen, Museen und Auktionen. Man muss schlichtweg nur einen Fuß vor die Tür setzen, um inspiriert zu werden von all dem, was um sich herum geschieht.

„We live in a world of beauty. And living in a city that fills your eyes with beauty is just a privilege.“

Wenn Sie nun mit ihrem Designern zusammen eine neue Kollektion entwerfen, wie gehen Sie dabei vor?

Meistens beginnen wir, indem wir unser Archiv durchforsten und schauen, was uns ins Auge fällt. Auch sammeln wir Ideen, während wir reisen. Dann versuchen wir, all diese Eindrücke und Ideen zusammenzubringen und daraus Stoffmuster zu generieren. 

Polsterstoff Rubelli Sessel decohome.de

Der Sessel ist bezogen mit Seidenstoff „Petite Cherie“.

Bei den neuen Stoffen dreht sich alles um historische Fragmente und die Geschichte der Stadt. Wie zeigt sich das genau? 

Wir haben uns intensiv mit dem Kulturerbe Venedigs auseinandergesetzt und gefragt, was davon noch heute relevant ist. Wir wollen Stoffe entwerfen, mit denen sich Menschen jetzt umgeben wollen. Das Muster von „Petite Chérie“ zum Beispiel entdeckten wir in einem alten Abendkleid. Das ganze Team und ich waren begeistert wie elegant, gleichzeitig aber auch abstrakt es war. Wir änderten einzelne Größen und Formen und gaben dem Muster neue Farben, die im Einklang mit der restlichen Kollektion waren.

Samt Sofa pink Rubelli Stoffkollektion decohome.de

Der pinkfarbene Samtstoff „Seltz“ kleidet das Sofa.

Das Dessin „Secret Venus“ hat eher einen asiatischen Touch, liege ich da richtig?

Oh ja, „Secret Venus“ hat eine ganz eigene Geschichte. Venedig galt schon immer als die östlichste aller westlichen Städte Europas, seine Einwohner und Kreativen waren fasziniert von dem, was im Osten geschah. Ich traf aus Zufall auf einen Antiquitätenhändler, der mir einen Kimono zeigte. Er hatte wundervolle Farben, war mit einem Ikat-Muster versehen. Es zeigte Vasen, die mich umgehend an Carlo Scarpa erinnerten, welcher wiederum eine große Inspiration für „Frammenti Veneziani“ darstellte. Ich musste den Kimono einfach kaufen. Unsere Designer arbeiteten mit dem Muster des Kimonos und verwebten es zu einem glänzenden Stoff.

Polsterstoff Rubelli decohome.de

Der Polstersessel trägt den von einem Kimono inspirierten Stoff „Secret Venus“.

Welche Bedürfnisse sollten Stoffe in Ihren Augen erfüllen? 

Es kommt auf die Art der Nutzung an, doch in erster Linie soll man sie anfassen und fühlen wollen.

Eine private Frage: Bei so viel Auswahl, wie oft wechseln Sie Stoffe in Ihrem eigenen Zuhause? 

Meine Wohnung in Venedig hat eine sehr schmale Treppe, die nach oben ins Wohnzimmer führt. Jedes Möbelstück muss also erst auseinander genommen werden, um es dorthin zu bekommen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ich anstelle meines Sofas eher meine Kissen ändere. Doch dieses Jahr sind die Vorhänge dran!

Zum Abschluss eine Stilfrage: Leben Sie eher mit gedeckten Tönen oder bunt? 

Ich habe eine Sammlung alter Landkarten, die eine ganze Wand bedecken und einen neutralen Hintergrund bilden. Ich muss allerdings gestehen, dass ich immer mehr dazu tendiere, mich mit farbenfrohen Stoffen zu umgeben. Vor allem seit der gemeinsamen Kollektion mit Luke Edward Hall verspüre ich einen Drang nach was Neuem und Frischem.

Stoffbezug Sofa Rubelli decohome.de

Auf der Bank: der geblümte Seidenstoff „Est Bizarre“

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